Der Generalanwalt Michael Bobek hat gestern seine Schlussanträge in der Rechtssache Maximilian Schrems gegen Facebook Irland Limited (C-498/16), gestellt (Vgl. die Pressemitteilung des EuGH vom 14. November 2017). Während es in der Rechtssache vor dem EuGH allein um den vorliegend an die Verbrauchereigenschaft gekoppelten Gerichtsstand geht, liegt dem auf Ebene der mitgliedstaatlichen Gerichte ein Streit um die Zulässigkeit der Datenschutzbestimmungen und Datennutzung von und durch Facebook zugrunde. Der Generalanwalt hat hierzu in seinen Schlussanträgen die Ansicht vertreten, dass sich eine Person hinsichtlich der privaten Nutzung des eigenen Facebook-Accounts gegenüber Facebook auf seine Verbrauchereigenschaft berufen kann, nicht aber auch hinsichtlich der Accounts von Dritten, auch wenn diese Verbraucher sind.

Zum Sachverhalt und vorangegangenen Verfahren

In dem Sachverhalt geht es um eine Klage von Maximilian Schrems, der bereits im Jahre 2015 ein für den Datenschutz bedeutsames Urteil vor dem EuGH über den Datentransfer mit Drittstaaten erwirkt hatte, vor den österreichischen Gerichten gegen die Facebook Ireland Limited mit Sitz in Irland. Herr Schrems ist Spezialist für IT- und Datenschutzrecht und verfasst zu diesem Thema – insbesondere auch im Rahmen einer Kampagne gegen die Umstände der Datenverarbeitung durch das soziale Netzwerk Facebook – zahlreiche Publikation, hält Vorträge und schreibt derzeit eine Dissertation über die rechtlichen Aspekte des Datenschutzes. Über diese Tätigkeit informiert er seit 2011 auch auf einer Facebook-Seite, während er daneben auch einen Facebook-Account unter seinem Namen zum privaten Gebrauch (wie Fotos hochladen, „posten“ und „chatten“) unterhält, auf dem er ca. 250 „Facebook-Freunde“ hat.

Vor den österreichischen Gerichten hat Herr Schrems Klage mit der Begründung erhoben, Facebook Ireland habe seine eigenen Rechte auf Achtung der Privatsphäre und auf Datenschutz sowie die entsprechenden Rechte von sieben anderen Facebook-Nutzern aus Österreich, Indien und Deutschland, die ihm ihre Ansprüche abgetreten haben, verletzt. Im Zuge dessen begehrte er u. a. die Ungültigerklärung bestimmter Vertragsklauseln, die Unterlassung der Datenverwendung sowie Schadenersatz gegenüber Facebook.

Facebook hat sich hiergegen mit der Begründung gewandt, Herr Schrems könne in diesem Verfahren aufgrund seiner beruflichen Tätigkeiten in Verbindung mit seinen Ansprüchen und der Einrichtung einer Facebook-Seite mit berufsbezogenen Inhalten nicht, oder jedenfalls nicht mehr, als Verbraucher angesehen werden und demnach nicht auf Grundlage des Rechts aus der Brüssel-I-Verordnung an seinem eigenen Wohnsitz klagen. Überdies sei der Verbrauchergerichtsstand strikt personengebunden und gelte nicht für abgetretene Ansprüche.

Der Oberste Gerichtshof Österreich hat hierauf den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens hinsichtlich der von Facebook aufgeworfenen Rechtsfragen ersucht.

Schlussanträge des Generalanwalts vor dem EuGH

Der Generalanwalt hat sich in dem Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH der Begründung von Facebook nur teilweise angeschlossen. Zunächst könnten Tätigkeiten wie Veröffentlichungen, das Halten von Vorträgen, der Betrieb von Websites oder die Sammlung von Spenden zur Durchsetzung von Ansprüchen nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaft in Bezug auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem eigenen, für private Zwecke genutzten Facebook-Konto führen. Die Pressemitteilung des EuGH gibt hierzu folgende Begründung des Generalanwalts an:
„Nach Auffassung des Generalanwalts hängt die Verbrauchereigenschaft im Allgemeinen davon ab, welche Natur und welches Ziel der Vertrag zum Zeitpunkt seines Abschlusses hatte. Eine spätere Nutzungsänderung kann nur in außergewöhnlichen Fällen Berücksichtigung finden. Sind die Natur und das Ziel des Vertrags sowohl privat als auch beruflich, kann die Verbrauchereigenschaft erhalten bleiben, sofern der berufliche „Gehalt“ als marginal angesehen werden kann. Wissen, Erfahrung, ziviles Engagement oder die Tatsache, dass aufgrund von Rechtsstreitigkeiten ein gewisses Ansehen erworben wurde, stehen für sich genommen der Einstufung als Verbraucher nicht entgegen.“ Hiernach würde es also dem Obersten Gerichtshof von Österreich obliegen die Verbrauchereigenschaft und damit seine Zuständigkeit zu prüfen.

In Bezug auf den Punkt des Gerichtsstands bei abgetretenen Ansprüchen folgt der Generalanwalt jedoch im Ergebnis der Auffassung von Facebook. Der Verbrauchergerichtsstand nach der Brüssel-I-Verordnung sei stets auf die konkreten Parteien des speziellen Vertrags beschränkt. Eine Ausdehnung auch auf abgetretene Ansprüche Dritter könne dazu führen, dass Sammelklagen an einem aus Klägersicht günstigeren Gerichtsstand konzentriert würden, was mit der Verordnung nicht vereinbar sei. Es sei insbesondere nicht Aufgabe des Gerichtshofs, solche Sammelklagen für Verbrauchersachen zu schaffen, sondern obliege gegebenenfalls dem Unionsgesetzgeber.

Der EuGH wird nun über den Fall beraten. Die Anträge des Generalanwalts sind dabei für ihn nicht bindend.

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