Das LG Heidelberg hat Ende August 2018 entschieden, dass Facebook berechtigt ist, Hassreden, die andere Personen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit angreifen, zu löschen und den Account des Verfassers zu sperren.
Die Klägerin kommentierte auf in dem sozialen Netzwerk einen Beitrag zum Thema Integration mit den folgenden Worten: „Respekt! Das ist das Schlüsselwort! Für fundamentalistische Muslime sind wir verweichlichte Ungläubige, Schweinefresser und unsere Frauen sind Huren. Sie bringen uns keinen Respekt entgegen.“ Am 16.07.2018 entfernte Facebook diesen Beitrag und sperrte das Profil der Klägerin für die Dauer von dreißig Tagen.
Die Klägerin wandte sich daraufhin im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erfolglos gegen die Sperre und die Entfernung des Kommentars. Nach Auffassung des Landgerichts war Facebook berechtigt, nach seinen Nutzungsbedingungen in Verbindung mit den Gemeinschaftsstandards den streitgegenständlichen Satz zu löschen und den Account der Klägerin für dreißig Tage zu sperren. Facebook untersage in seinen Gemeinschaftsstandards explizit Hassreden, die als direkte Angriffe auf Personen aufgrund ausdrücklich aufgezählter geschützter Eigenschaften, wie etwa ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft oder religiöse Zugehörigkeit, definiert würden. Die Gemeinschaftsstandards würden das Grundrecht der Nutzer auf Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG in angemessener Weise berücksichtigen. Art. 5 Abs. 1 GG sei Ausdruck des Konzepts der demokratischen Meinungsbildung des verfassten Rechtsstaats. Als gewinnorientiertes Unternehmen sei Facebook jedoch nicht verpflichtet, dieses Konzept in Gänze zu verwirklichen, solange die grundsätzlichen Wertentscheidungen der deutschen Verfassung beachtet würden. Dies sei vorliegend der Fall. Denn die Aussage der Klägerin enthalte mit der Adressierung des Vorwurfs der Respektlosigkeit an „fundamentalistische Muslime“ eine an religiösen Merkmalen ausgerichtete Fokussierung, die impliziere, dass diese Personen moralische Defizite aufwiesen. Mit den Begriffen „verweichlichte Ungläubige“, „Schweinefresser“ und „Hure“ enthalte diese Aussage eine für das Verständnis der Aussage unnötig scharfe, polemische und aggressive Formulierung, die Ausdrücke der Verachtung, der Abscheu sowie eine entmenschlichende Sprache durch die Bezugnahme auf tierische Verhaltensweisen („- fresser“) umfasse, und die damit auch in einer Gesamtschau geeignet sei, einen sachlichen Dialog zu stören, Ausgrenzungen zu befördern und Gewalt in der realen Welt zu unterstützen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Demgegenüber hat das OLG München – abweichend auch vom OLG Karlsruhe – in einer Reihe von Entscheidungen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss vom 17.07.2018 – Az. 18 W 858/18; Beschluss vom 27. August 2018 – Az. 18 W 1294/18) die die bestehende Löschpraxis von Facebook leitenden AGB des Unternehmens unter Hinweis auf die Drittwirkung der Grundrechte als nichtig eingestuft. Bei der Löschung stütze sich Facebook auf eine Befugnis, welche in dessen „Erklärung der Rechte und Pflichten“ unter Nr. 5.2 geregelt sei. Bei diesem Regelwerk handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel 5.2 sei unwirksam, weil sie die Nutzer als Vertragspartner der Verwenderin unter Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Im Hinblick auf die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte, insbesondere des Grundrechts des Nutzers auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), müsse gewährleistet sein, dass eine zulässige Meinungsäußerung nicht von der Plattform entfernt werden darf.
Quelle: Pressemitteilung des LG Heidelberg v. 30.08.2018