Die Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts Michal Bobek vom 12.12.2017  in der Rs. C-16/16 P könnten den Einstieg in eine neuerliche Rechtsfortbildung durch den EuGH einläuten: In diesen Schlussanträgen zur Nichtigkeitsklage des Königreichs Belgien gegen die Empfehlung der EU-Kommission (2014/ 478/EU) vom 14. Juli 2014. mit Grundsätzen für den Schutz von Verbrauchern und Nutzern von Online-Glücksspieldienstleistungen und für den Ausschluss Minderjähriger von Online-Glücksspielen hat sich Generalanwalt Bobek dafür ausgesprochen, dass auch eine Empfehlung mitunter erhebliche Rechtswirkungen entfalte (Rn. 87, 88) – auch wenn sie nicht verbindlich ausgestaltet sei – und sie damit gem. Art. 263 AEUV überprüft werden könne. Dies hatte das EuG verneint und eine entsprechende Klage Belgiens (Rs. T‑721/14) für unzulässig erklärt. Bei der streitgegenständlichen Kommissions-Empfehlung falle insbesondere die Detailliertheit und Genauigkeit konkreter Bestimmungen der Empfehlung auf. Die Empfehlung sei weit davon entfernt, lediglich „Grundsätze“ festzulegen, sondern träfe recht eindeutige und genaue Regelungen (Rn. 128 ff.), die aus diesem Grund auch angegriffen werden könnten.

Im Gegensatz zu „atypischen“ Handlungen der Unionsorgane oder ‑einrichtungen sind Empfehlungen allerdings „typische“ Handlungen, die in Art. 288 AEUV aufgeführt sind und deren gerichtliche Überprüfung nach Art. 263 Abs. 1 AEUV ausdrücklich ausgeschlossen ist. Der Generalanwalt betont demgegenüber, dass es vorliegend nicht Einzelpersonen, sondern die Mitgliedstaaten sind, die von vornherein zur Durchführung der Regelungen der Empfehlung aufgefordert sind. Es wäre daher schlicht unlogisch, die Mitgliedstaaten zu einem Handeln anzuhalten und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu nehmen, eine Klage vor dem Gerichtshof der EU zu erheben. Dies stände nicht nur den Interessen der geordneten Rechtspflege entgegen, da es eine etwaige Klage gegen eine Empfehlung verzögern würde, sondern auch den Interessen des Urhebers der Empfehlung selbst. Anstatt den potenziellen Streit kanalisieren, lösen und dann fortfahren zu können, wäre der Mitgliedstaat schlicht gezwungen, die Zusammenarbeit zu verweigern und zu warten, bis eines seiner eigenen Gerichte oder möglicherweise ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zur Gültigkeit der angefochtenen Handlung einreicht. Dies erscheine mir praktisch wenig sinnvoll (Rn. 165).

Schlussantrag des Generalanwalts vom 12.12.2017

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