Bereits Anfang 2020 hatte die Europäische Kommission in ihrem Arbeitsprogramm angekündigt, mit einem neuen Gesetz über digitale Dienste bessere Haftungs- und Sicherheitsvorschriften für digitale Plattformen, Dienste und Produkte schaffen und damit den digitalen Binnenmarkt vollenden zu wollen. Hierzu sollte der aktuelle Rechtsrahmen, der im Wesentlichen – zumindest außerhalb von bereichsspezifischen Vorschriften aus bestimmten Regulierungssektoren (wie z.B. der AVMD-Richtlinie, dem Elektronischen Kommunikationskodex oder der Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt – auf der 20 Jahre alten e-Commerce-Richtlinie gründet, die noch aus einer Zeit stammt, in der es insbesondere um die Förderung von internetbasierten Geschäftsmodellen ging und der heutige ökonomische, politische, kulturelle und gesellschaftliche Einfluss von Internet-Giganten nicht absehbar war.
Schnell kristallisierte sich in der Debatte in der EU heraus, dass zu dieser Anpassung des Rechtsrahmens an neue Rahmenbedingungen und Herausforderungen ein Gesetzespaket für digitale Dienste geschaffen werden sollte („Digital Services Act Package“), das sich in zwei Säulen unterteilt:
Innerhalb einer Säule sollten ex-ante-Regulierungsmaßnahmen für große Plattformen mit erheblichen Netzwerkeffekten (Gatekeeper) geschaffen werden, um für mehr Fairness und Transparenz im Wettbewerb innerhalb des digitalen Binnenmarkts der EU zu sorgen.
Zugleich sollte es in der zweiten Säule um neue Vorschriften für digitale Dienste gehen, die insbesondere die Pflichten von Hosting-Providern und Online-Plattformen, nach Marktstellung differenziert, ausweiten und harmonisieren und (auch) eine Stärkung der Aufsicht über die Inhaltepolitik der Plattformen in der EU zum Ziel haben.
Nach einer Folgenabschätzung durch die Kommission und der Durchführung von entsprechenden öffentlichen Konsultationsverfahren sowohl für das angedachte ex ante-Tool als auch für den Rechtsakt über Digitale Dienste veröffentlichte die Kommission ihre konkreten Vorschläge zum Jahresende 2020.
In 39 Bestimmungen, die von 79 Erwägungsgründen begleitet werden, schlägt der DMA Regeln für Plattformen vor, die als „Gatekeeper“ im digitalen Sektor agieren, also durch ihre marktmächtige Position eine Rolle als Torwächter für die Dienste – ob Inhalte, Dienstleistungen oder Produkte – von anderen Internetakteuren einnehmen. Gatekeepern sollen strengere Pflichten auferlegt werden, die diese insbesondere darin hindern sollen, Unternehmen und Verbrauchern unfaire Bedingungen aufzuerlegen, die Letztere aufgrund von Abhängigkeitsverhältnissen annehmen müssen, um keine gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Nachteile zu erleiden. Gleichzeitig sollen durch dieses Mehr an Pflichten für die Marktmächtigen aber auch Wachstumspotentiale für kleinere Plattformen geschaffen und damit der Wettbewerb belebt werden.
Umfangreicher als der DMA ist der Vorschlag für einen DSA: 74 Bestimmungen, näher erläutert im Rahmen von 106 Erwägungsgründen, schlagen neue Pflichten für bestimmte Arten von Vermittlungsdiensten vor, abgestuft nach der Art des Dienstes und seiner Größe. Dabei geht es etwa um Kennzeichnungspflichten für illegale Waren, Dienstleistungen und Inhalte, die Einrichtung von Beschwerdesystemen für Nutzer und Transparenzpflichten. Aber auch die Online-Rechtsdurchsetzung will der DSA verbessern und schlägt dazu insbesondere neue Beaufsichtigungsstrukturen vor, die auch grenzüberschreitend funktionieren sollen.
Das EMR wird das Gesetzgebungsverfahren rund um den DMA und den DSA begleiten und Informationen sowie eigene wissenschaftliche Ausarbeitungen an dieser Stelle zur Verfügung stellen.
Wissenschaftliche Beiträge des EMR zu DSA/DMA und deren Hintergründen