Heute hat der EuGH in der Rechtssache C-555/19 – Fussl Modestraße Mayr – sein Urteil gesprochen: Das grundsätzliche Verbot aus dem deutschen Medienstaatsvertrag, im Rahmen bundesweit ausgestrahlter deutscher Fernsehprogramme Werbung nur regional zu zeigen, könnte gegen Unionsrecht, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit, verstoßen – so der EuGH im Ergebnis. Dabei hegt der EuGH insbesondere Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des § 7 Abs. 11 RStV (nunmehr § 8 Abs. 11 MStV), der von den deutschen Landesgesetzgebern insbesondere aus Gründen der Vielfaltssicherung (die Einnahmen aus der regionalen Werbung sollen regionalen und lokalen Veranstaltern vorbehalten bleiben) eingeführt wurde. Das umfassende Verbot – so nun aber der EuGH – könnte über das hinausgehen, was erforderlich wäre, um den pluralistischen Charakter des Fernsehprogrammangebots zu wahren, und könnte es zu einer unzulässigen Ungleichbehandlung der nationalen Fernsehveranstalter und der Anbieter von Werbedienstleistungen im Internet führen.
Das Verfahren vor dem EuGH geht auf ein Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart zurück. Die österreichische Fussl Modestraße Mayr GmbH betreibt eine Kette von Modegeschäften in Österreich und im Freistaat Bayern. Im Mai 2018 schloss Fussl mit der deutschen SevenOne Media GmbH, welche die Vermarktungsgesellschaft der deutschen ProSiebenSat.1-Gruppe ist, einen Vertrag über die auf den Freistaat Bayern beschränkte Ausstrahlung von Fernsehwerbung im Rahmen des bundesweiten Programms von ProSieben über die bayerischen Kabelnetze der Vodafone Kabel Deutschland GmbH. SevenOne Media verweigerte die Erfüllung dieses Vertrags mit der Begründung, dass es ihr nach dem Rundfunkstaatsvertrag (§ 7 Abs. 11 RStV) untersagt sei, Fernsehwerbung im Rahmen bundesweit ausgestrahlter Programme regional auszustrahlen. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag haben die Bundesländer zwar die Möglichkeit, regionale Werbung auf nationalen Fernsehkanälen zuzulassen, bislang hat jedoch keines der Länder von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Fussl erhob daraufhin Klage beim Landgericht Stuttgart und beantragte, SevenOne Media zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen zu verurteilen. Das Landgericht legte dem EuGH daraufhin Fragen vor zur Vereinbarkeit des in Rede stehenden Verbots mit Unionsrecht.
Das EMR hat sich unter Autorenschaft von Prof. Dr. Mark D. Cole im vergangenen Jahr gutachterlich mit Fragen „Zum Gestaltungsspielraum der EU-Mitgliedstaaten bei Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit“ befasst. Dabei erfolgte die Untersuchung am Beispiel der Regelung des § 7 Abs. 11 RStV insbesondere im Lichte der mitgliedstaatlichen Gestaltungsspielräume bei der Medienvielfaltssicherung. Vor diesem Hintergrund wird in Kürze auch das heutige Urteil des EuGH durch das EMR nochmals eingehend betrachtet werden.