Der EuGH hat mit Urteil vom 21. Februar 2018 (Rechtssache C‑132/17) klargestellt, dass weder ein Videokanal auf einer Videoplattform (in diesem Fall YouTube) in der hier streitgegenständlichen Form, auf dem die Internetnutzer kurze Werbevideos abrufen können, noch darauf bereitgestellte Videos als „audiovisuelle Mediendienste“ im Sinne der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, AVMD-RL) zu qualifizieren sind. Damit sind die Kanalbetreiber gleichsam von den Informationspflichten aus § 5 der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen und Stromverbrauch neuer Personenkraftwagen (Pkw-ENVKV) – die in Umsetzung europäischer Vorgaben auf die Begriffsdefinition der audiovisuellen Mediendienste in Art. 1 Buchst. a AVMD-RL abstellt – befreit.
Der Entscheidung liegt ein Rechtsstreit zwischen dem Autohersteller Peugeot Deutschland GmbH und der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe e. V. zugrunde. Peugeot unterhält auf der Plattform YouTube einen Kanal, auf dem sie Anfang 2014 ein etwa 15 Sekunden langes Video mit dem Titel „Peugeot RCZ R Experience: Boxer“ veröffentlichte. Hiergegen erhob die Deutsche Umwelthilfe Klage vor dem Landgericht Köln mit der Begründung, dass das Fehlen von Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen des in diesem Video vorgestellten neuen Fahrzeugmodells gegen § 5 Abs. 1 Pkw-ENVKV verstoße. Das LG Köln gab der Klage statt und eine Berufung seitens Peugeot wurde vom Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen. Im Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof jedoch den EuGH um Vorabentscheidung ersucht, da § 5 Abs. 2 Pkw-ENVKV audiovisuelle Mediendienste im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a AVMD-RL von den Informationspflichten ausnehme und damit die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblich von der Auslegung von Unionsrecht abhänge.
Der EuGH verneinte die Einordnung des streitgegenständlichen Angebots als audiovisuellen Mediendienst und verwies dabei vorrangig auf die Definition in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a AVMD-RL in Verbindung mit den Erläuterungen aus Erwägungsgrund 22. Hiernach solle der Begriff der audiovisuellen Mediendienste die Massenmedien in ihrer informierenden, unterhaltenden und die breite Öffentlichkeit bildenden Funktion erfassen, was bei einem Werbevideokanal zumindest nicht Hauptzweck sein könne, wie es die Vorschrift verlange. Die Zwecke der Videos seien hier viel mehr rein kommerzieller Natur, wobei eine mögliche auch informierende, unterhaltende oder erziehende Wirkung lediglich als Mittel dem Ziel diene, den angestrebten Werbezweck zu erreichen. Ob eventuell die übrigen Definitionskriterien eines audiovisuellen Mediendienstes erfüllt wären, sei laut EuGH irrelevant. Die von Peugeot gerügte Verletzung von Art. 11 der Charta der Grundrechte der EU in Form einer Ungleichbehandlung von Werbevideos gegenüber anderen Videos wies der EuGH mit der Begründung zurück, dass sich Werbevideos nicht in einer mit Sendungen ohne Werbezweck vergleichbaren Situation befinden. Schließlich seien solche Werbevideos auch nicht als audiovisueller Mediendienst in Form audiovisueller kommerzieller Kommunikation nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii, Buchst. h einzuordnen, da sie nicht einer Sendung gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung beigefügt oder darin enthalten seien. Vielmehr erfasse der Kanal von Peugeot lediglich individuelle und voneinander unabhängige Videos. Hieran ändern laut EuGH auch die werblichen Einzelbilder nichts, die Peugeot am Anfang und Ende seiner Videos beifügt (etwa in dem Sinne, dass die Einzelbilder als kommerzielle Kommunikation und der Rest des Videos als Sendung betrachtet werden könnte), da diese nicht den Werbecharakter des Videos als Ganzes in Zweifel stellen können.
Das Urteil des Gerichtshofs ist abrufbar unter: