Mit heute bekannt gewordenem Beschluss vom 20. November hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass Rechtsbegriff nur eingeschränkt einer Gegendarstellung zugänglich sind. Wenn eine beanstandete Äußerung einen Rechtsbegriff enthält, sei dabei auf das Verständnis eines durchschnittlichen Rezipienten abzustellen und nicht auf das Fachwissen, dass eventuell dem über den Gegendarstellungsanspruch entscheidenden Gericht zukommt. 

In der Sache ging es um die Schlagzeile „Millionen-Gläubiger packt aus – B. verpfändete auch das Haus seiner Mutter!“ in einer überregionalen Zeitung, mit der ein Interview in der entsprechenden Zeitung angekündigt wurde. In diesem wurde dann darüber berichtet, dass B. unter anderem ein Hausgrundstück, auf dem seine Mutter wohnte, auf eine Sicherheitenliste hatte eintragen lassen, was juristisch bedeutet, dass Darlehensgläubiger einen schuldrechtlichen Anspruch auf Eintragung eines Grundpfandrechts an diesem Grundstück hatten, jedoch kein Pfandrecht begründete.  Mit dieser Begründung begehrte der Betroffene eine Gegendarstellung, aus der hervorgeht, dass er das Haus seiner Mutter nicht verpfändet habe. Die in der Sache belangten ordentlichen Gerichte gaben dem Begehren mit der Begründung statt, dass es sich bei der beanstandeten Äußerung in Form der Schlagzeile um eine dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation handele, die daher auch gegendarstellungsfähig sei. Für einen durchschnittlichen Bürger bedeute der Begriff „verpfänden“, dass der bisherige Eigentümer nicht mehr über die Sache verfügen könne und der Gläubiger diese Sache gegebenenfalls berechtigterweise verwerten dürfe. Auf der Grundlage dieses Verständnisses sei der Begriff „verpfänden“ nicht gleichbedeutend mit der Formulierung „als Sicherheit stellen“ und werde daher aus Sicht des Lesers falsch verstanden. Hiergegen ging die Verlegerin im Wege der Verfassungsbeschwerde vor, da sie sich durch die Entscheidungen in ihrer Pressefreiheit verletzt sah: Bei der Schlagzeile handele es sich um eine wertende Stellungnahme, die der alltagssprachlichen (diffusen) Verwendung des Begriffs „verpfänden“ Rechnung trage.  Die Gegendarstellung, die sie abdrucken müsse, sei zudem unzulässig mehrdeutig, da sie unterschlage, dass B. tatsächlich eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines Grundpfandrechts eingegangen sei. Zudem vertrat die Verlegerin die Auffassung, dass der Abdruck der Gegendarstellung in der gewünschten Form bei dem Leser das Verständnis hervorrufen könne, dass der Betroffene überhaupt keine schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines Grundpfandrechts eingegangen sei, was nicht den Tatsachen entspreche. 

Das BVerfG gab der Verfassungsbeschwerde statt, da die Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung der Verlegerin einen ungerechtfertigten Eingriff in deren Grundrechte darstelle. Die für die Gegendarstellung maßgebliche Tatsachenbehauptung müsse nämlich eindeutig bestimmbar sein, was für juristische Laien im vorliegenden Fall nicht erkennbar sei. Es sei nicht auszuschließen, dass der in der Schlagzeile verwendete Begriff der „Verpfändung“ von einem durchschnittlichen Zeitungsleser auch als Beschreibung einer schuldrechtlichen Sicherungsbestellung verstanden werden könne. Genau dieses Verständnis müsse aber bei der Beurteilung des Vorliegens eines Gegendarstellungsanspruchs von den Fachgerichten zugrundegelegt werden. Auch der geforderte Wortlaut der Gegendarstellung „Hierzu stelle ich fest: Ich habe das Haus meiner Mutter nicht verpfändet. […]“ sei zu beanstanden, da er wiederum interpretationsbedürftig sei und daher keine bloße Negation der Titelschlagzeile darstelle.

Der Beschluss des BVerfG vom 20. November 2018 ist abrufbar unter: 

https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/11/rk20181120_1bvr271617.html

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