Mit Blick auf Diskussionen über eine Fortentwicklung des deutschen Kinderund Jugendmedienschutzes können rechtsvergleichende Betrachtungen Impulse mit Blick auf die Fragen liefern, welche innerstaatlichen Regelungen reformbedürftig erscheinen, welchen neuen Herausforderungen der verfassungsrechtliche Schutzauftrag auch in Richtung auf den Medienkonsum Minderjähriger Rechnung tragen muss und welche Best Practices in Regelungen von Drittstaaten unter welchen Randbedingungen wie adaptionsfähig in das innerstaatliche System des Kinder- und Jugendmedienschutzes sind.

Diesem Zweck dient die Studie „Stand und Entwicklung des internationalen Kinder- und Jugendmedienschutzes„, die das EMR unter Autorenschaft von Dr. Jörg Ukrow, LL.M.Eur, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des EMR, Prof. Dr. Mark D. Cole, wissenschaftlicher Direktor des EMR, und Christina Etteldorf, wissenschaftliche Referentin des EMR, im Auftrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) erstellt hat und die heute veröffentlicht wurde.

Nach einer Analyse des internationalen Rechtsrahmens für den Jugendmedienschutz und einem Überblick zu aktuellen Studien zum Medienkonsumverhalten im internationalen Vergleich, widmet sich die Studie einer Betrachtung verschiedener Risiken, denen Kinder und Jugendliche beim Konsum von Medien in der heutigen Medienlandschaft ausgesetzt sind. Im
Hinblick auf eine Typologisierung von Risiken wird dabei (auch) auf internationaler Ebene zwischen verschiedenen, teilweise sich überlappenden Kategorien unterschieden: Inhaltsbezogene Konfrontationsrisiken, Verhaltensrisiken im Umgang Minderjähriger miteinander, Kontaktrisiken für Minderjährige wegen des oder basierend auf dem Verhalten(s) Dritter (meist Erwachsener), Interaktionsrisiken im Hinblick auf Minderjährige als Verbraucher und digitale Identitätsträger sowie verschiedene bereichsübergreifende, schutzgutbezogene Risiken ( u.a. für die Privatsphäre, für die Gesundheit und durch Technisierung). 

Anhand einer rechtsvergleichenden Analyse sechs ausgewählter Staaten – Australien, Frankreich, Italien, Japan, Polen und dem Vereinigten Königreich – betrachten die Autoren, wie die dargestellten Risiken außerhalb von Deutschland regulatorisch adressiert werden und welche Schwerpunkte dabei gesetzt werden. Während grundlegende Gemeinsamkeiten – wie die Einbeziehung technischer Lösungsansätze ebenso wie ein spezifisches Zusammenspiel präventiv-pädagogischer (Medienkompetenz) und repressivregulatorischer Ansätze (namentlich Beschränkungen von Medienfreiheiten) – bestehen, zeigen die Untersuchungen, dass sich sowohl das Verständnis der zu regulierenden Inhalte und Risiken als auch die gesetzlich zu ergreifenden Maßnahmen und rechtlichen Grundlagen von Staat zu Staat unterscheiden. 

So gibt es in allen untersuchten Staaten Altersklassifikationssysteme, die nach unterschiedlichen Entwicklungsständen im Kontext des Inhaltekonsums unterscheiden und mit verbindlichen Verpflichtungen für Medienanbieter (Verbreitungs-, Sendezeit- und Zugangsbeschränkungen, optische und akustische Kennzeichnungspflichten) verbunden sind. Dabei sind aber bereits
die Alterskategorien, auf denen die Zuordnung eines Inhalts zum Grad der möglichen Entwicklungsbeeinträchtigung beruht, unterschiedlich – sogar innerhalb der EU Mitgliedstaaten. Zwar nicht in Bezug auf das “ob”, aber in Bezug auf das “wie” (einschließlich der Abgrenzung gesetzgeberischer und regulierungsbehördlicher Gestaltungsmacht) in die Klassifizierung auch die Medienregulierer eingebunden sind und auch in Bezug auf die Frage, ob die inhaltliche Beurteilung eines Inhalts als entwicklungsbeeinträchtigend maßgeblich durch die Anbieter erfolgt oder stark durch regulatorische Leitlinien bestimmt wird, unterscheiden sich die untersuchten Staaten ebenfalls. Die Kategorie der Inhalterisiken stellt sich dabei bereits bislang und voraussichtlich auch zukünftig als diejenige mit den umfangreichsten und vielfältigsten Gefährdungspotentialen dar. Spiegelbildlich handelt es sich dabei allerdings auch um die Risikokategorie, die in den untersuchten Staaten am intensivsten durch vielfältige, nur in Teilen bei vergleichender Betrachtung parallele regulatorische Eindämmungs-, Bewältigungs- und Sanktionsstrategien geprägt ist. 

Das Gutachten kann auf der Webseite der KJM abgerufen werden. HIER geht es zur Pressemitteilung der KJM.