Mit Urteil vom 27.02.2020 (Rechtssache C-240/18) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) erneut über den zunächst von ihm abgelehnten Antrag zur Anmeldung des Wortzeichens „Fack Ju Göhte“ als Unionsmarke entscheiden muss. Die Einordnung des Wortzeichens als sittenwidrig und damit nicht eintragungsfähig, ist laut EuGH rechtsfehlerhaft ergangen, da nicht ausreichend berücksichtigt wurde, dass dieser Titel einer Filmkomödie von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit offenbar nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde.

In dem Verfahren ging es um einen aus dem Jahr 2015 stammenden Rechtsstreit. Damals hatte die Constantin Film Produktion GmbH, als Inhaberin der Lizenzrechte an der gleichnamigen, im deutschsprachigen sehr erfolgreichen Filmkomödie(n), das Wortzeichen „Fack Ju Göthe“ beim EUIPO zur Eintragung als Unionsmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen angemeldet. Das EUIPO lehnte die Eintragung unter anderem unter Berufung auf Art. 7 Abs. 1 lit. f) der Verordnung Nr. 207/2009 ab, der bestimmt, dass für Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, ein absolutes Eintragungshindernis besteht. Der Begriff „Fack Ju“ sei aufgrund der lautschriftlich in die deutsche Sprache übertragene Bedeutung von dem englischen Begriff„Fuck you“ anstößig und vulgär, woran auch das Anfügen des Wortes „Göthe“ als Hinweis auf den bekannten deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe nichts ändere. Da die Beschwerde von Constantin Film gegen diese Entscheidung vor dem Europäischen Gericht (EuG) ebenfalls keinen Erfolg hatte, legte die Filmproduktionsfirma Rechtsmittel vor dem EuGH ein.

Der EuGH hob nunmehr sowohl die Entscheidung des EUIPO als auch die des EuG auf. Die Entscheidungen hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Titel der in Rede stehenden Filmkomödien trotz der Gleichsetzung von „Fack Ju“ mit „Fuck you“ von der deutschsprachigen breiten Öffentlichkeit gerade nicht als moralisch verwerflich wahrgenommen wurde. Zwar beweise der Erfolg eines Films nicht ohne Weiteres die gesellschaftliche Akzeptanz seines Titels und eines gleichlautenden Wortzeichens, stelle aber doch zumindest ein Indiz für eine solche Akzeptanz dar, die im Licht aller maßgeblichen Elemente des Einzelfalls zu bewerten ist, um die Wahrnehmung dieses Zeichens im Fall seiner Verwendung als Marke konkret beurteilen zu können. Letztere Einzelfallbeurteilung, so der EuGH, sei aber nicht ausreichend vorgenommen worden. So sei insbesondere nicht berücksichtigt worden, dass es trotz der großen Sichtbarkeit des Titels nicht zu Kontroversen beim Publikum gekommen sei und zudem sogar jugendliche Zuschauer den Film sehen durften. Auch habe das EUIPO in seine Beurteilung nicht einbezogen, dass die Filme Fördermittel von verschiedenen Organisationen erhalten hätten und überdies vom Goethe-Institut zu Unterrichtszwecken verwendet wurden. Schließlich habe der Begriff „Fuck you“, erst recht, wenn er in Lautschrift ins Deutsche übertragen und mit einem Zusatz versehen ist, beim deutschsprachigen Publikum nicht zwangsläufig die gleiche Bedeutung wie im englischsprachigen Raum.

Damit sei insgesamt nicht plausibel begründet worden, weshalb das deutschsprachige Publikum das Wortzeichen „Fack Ju Göhte“ als Verstoß gegen grundlegende moralische Werte und Normen der Gesellschaft wahrnähme, wenn es als Marke verwendet würde, obwohl dasselbe Publikum den Titel der gleichnamigen Komödien offenbar nicht für sittenwidrig hielt.

Das EUIPO muss daher erneut über die Eintragung entscheiden.

Das Urteil des EuGH vom 27.2.2020 (C-240/18) ist abrufbar unter

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2020-02/cp200017de.pdf

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