Unter dem Oberbegriff „audiovisueller Mediendienst“ versteht die Europäische Union sowohl das Fernsehen als auch audiovisuelle Abrufmediendienste (etwa Video-on-Demand-Angebote oder Beiträge in Mediatheken) sowie perspektivisch auch die Video-Sharing-Plattformen. Die Hereinnahme der On-Demand-Angebote in das europäische Medienrecht erfolgte im Jahre 2007, als die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ (RL 89/552/EWG, auch: „Fernsehrichtlinie“) in die „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ (RL 2007/65/EG, kodifiziert durch die RL 2010/13/EU, „AVMD-Richtlinie“) überführt wurde.
„Fernsehähnliche Abrufdienste“ unterliegen nicht allen in dieser Richtlinie enthaltenen Bestimmungen, da die Nutzer hier weitergehende Auswahl- und Steuerungsmöglichkeiten haben und die Bedeutung sowie der Meinungsbildungseinfluss von Abrufdiensten im Vergleich zum Fernsehen niedriger sein soll. Wann ein Dienst in diesem Sinne vorliegt, ist eine Frage der Einzelfallbewertung, was immer wieder zu Kontroversen führt. Es muss sich um einen Dienst handeln, für den ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und dessen Hauptzweck die Bereitstellung von fernsehähnlichen Sendungen ist, die der Information, Unterhaltung oder Bildung dienen und der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze bereitgestellt werden. Die AVMD-Richtlinie sieht jedoch auch für die Anbieter fernsehähnlicher Abrufdienste eine objektive Verantwortung für alle Inhalte vor, die in einem Katalog – auch von Dritten – verfügbar gemacht werden sowie eine Reihe von Verpflichtungen wie die zur Förderung europäischer Werke und zur Ex-ante-Kontrolle der Inhalte in Bezug auf Jugendschutz oder Menschenwürde.
Für lineare Fernsehsendungen gelten strengere oder spezifische Vorschriften, beispielsweise bezüglich der kommerziellen Kommunikation (Werbung etc.) und des Schutzes von Kindern und Jugendlichen. Die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste soll der Weiterentwicklung der Medien hinsichtlich ihrer Digitalisierung und Konvergenz gerecht werden, insbesondere sollen Wettbewerbsverzerrungen zwischen klassischen Fernsehdiensten und sonstigen Mediendiensten vermieden werden.
Die AVMD-Richtlinie behandelt „Dienste der Informationsgesellschaft“ lediglich insoweit, als es sich um audiovisuelle Mediendienste handelt. Von ihrem Anwendungsbereich nicht erfasst sind der Hörfunk und On-Demand-Audiodienste. Abrufdienste sind allgemein Gegenstand der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (RL 2000/31/EG, „eCommerce-Richtlinie“). Eine Revision der AVMD Richtlinie mit bisher teilweise erheblich abweichenden Regelungsvorschlägen befindet sich aktuell im Trilog. Das EMR hat eine deutsch- und englischsprachige Synopse zum Stand der Entwürfe erstellt.
Den nationalen Rechtsrahmen für Fernsehen, Hörfunk und Abrufmedien bilden vor allem der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) auf Landesebene sowie das Telemediengesetz (TMG) und das Telekommunikationsgesetz (TKG) des Bundes. Weitere Staatsverträge aller Länder beziehen sich auf die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag, die ARD, das ZDF und das Deutschlandradio (sowie das europäische Fernsehkulturprogramm ARTE). Hinzutreten Staatsverträge einzelner Länder und Rundfunk- und Mediengesetze, die die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der ARD und den privaten Rundfunk auf landesweiter, regionaler und lokaler Ebene regeln. Der RStV und der JMStV sowie einige Bundesgesetze (neben dem TMG und dem TKG das Tabakerzeugnisgesetz, das Heilmittelwerbe- und das Arzneimittelgesetz) dienen auch der Umsetzung von AVMD- und eCommerce-Richtlinie sowie weiterer, einschlägiger Rechtsakte der EU.
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