Mit Beschluss vom 07. Februar 2018 (1 BvR 442/15) hat sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu der Frage geäußert, ob von einer gegendarstellungsfähigen Tatsachenbehauptung ausgegangen werden kann, wenn auf dem Titelblatt einer Zeitung eine inhaltlich offene Frage aufgeworfen wird und damit suggeriert wird, dass es einen Anlass für die Frage geben müsse. Das BVerfG verneinte das Bestehen eines Gegendarstellungsanspruchs bei Fragen, die offen für verschiedene Antworten sind.
In der Sache ging es um die Veröffentlichung des auf einen bekannten Fernsehmoderator hinweisenden Titels „Sterbedrama um seinen besten Freund – Hätte er ihn damals retten können?“ in der Wochenzeitung der vor dem BVerfG klagenden Verlegerin. Der zugehörige Artikel stellte dar, dass ein ehemaliger Klassenkamerad des Moderators, zu den er über längere Jahre keinen Kontakt mehr hatte, im Jahr 1982 einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte. Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken verurteilte die Verlegerin zum Abdruck einer Gegendarstellung des Moderators, die schließlich auch erfolgte, woraufhin der noch in Gang befindliche Rechtsstreit mit einer Kostentragungspflicht der Verlegerin für erledigt erklärt wurde. Hiergegen ging die Verlegerin im Wege der Verfassungsbeschwerde vor.
Das BVerfG gab der Beschwerde statt und verwies die Sache zurück an das OLG Zweibrücken, da die angegriffenen Entscheidungen die Verlegerin in ihrem Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen. Begründet wird dies damit, dass die Abdruckverpflichtung einer Gegendarstellung – insbesondere auf dem Titelblatt – regelmäßig einen besonders schweren Eingriff in die Pressefreiheit darstelle und daher nur dann gerechtfertigt werden könne, wenn es um die Veröffentlichung von Tatsachenbehauptungen ginge. Der abgedruckten Frage fehle aber ein solcher tatsächlicher Gehalt, da es sich um eine offene Aufmacherfrage handele, in die nicht ohne weiteres auch verdeckte Tatsachenbehauptung interpretiert werden können. Zwar seien grundsätzlich Gegendarstellungen auch gegenüber aufgeworfenen Fragen vor einem verfassungsrechtlichen Hintergrund möglich. Jedoch genüge allein der Eindruck, dass für das Aufwerfen einer inhaltlich offenen Aufmacherfrage irgendein Anlass bestehen müsse, hierfür nicht, da schließlich jede Frage, indem sie sich auf einen bestimmten Gegenstand bezieht, kraft ihres Gestelltwerdens ausgesprochen oder unausgesprochen Annahmen tatsächlicher oder wertender Art über ihren Gegenstand enthalte.
Die Pressemitteilung des BVerfG ist abrufbar unter:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2018/bvg18-013.html