Der BGH hat mit Urteil vom 02.03.2017 entschieden, dass bei einem Schadenersatzanspruch gemäß § 95a Abs. 3 UrhG die Verhältnismäßigkeit geprüft werden müsse und bewertet werden müsse, ob legale Nutzungsmöglichkeiten für die Umgehungsmaßnahme nicht in übermäßiger Weise beschränkt werden – Az.: I ZR 273/14.
Die Klägerin im streitgegenständlichen Revisionsverfahren entwickelt u.a. die Spielekonsole „Nintendo DS“ sowie die dazugehörigen Slot-1-Karten, ohne die auf der Konsole keine Spiele geladen und gespielt werden können. Die Beklagten zu 2 und 3 (nachfolgend Beklagte), welche Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sind, boten Adapter für die Nintendo-DS-Konsole der Klägerin zu 1 an, welche den Slot-1-Karten in Form und Größe genau nachgebildet waren und damit in den Slot-1-Kartenschacht der Konsole passen. Mit ihrer Hilfe können Kopien von Spielen der Klägerinnen aus dem Internet heruntergeladen und auf der Nintendo-DS-Konsole verwendet werden.
Die Klägerin nahm die Beklagten wegen eines Verstoßes gegen § 95a Abs. 3 UrhG und Verletzung ihrer Rechte an der Unionsmarke „Nintendo“ erfolgreich vor dem LG München I auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch (Az.: 21 O 22196/08, vergleiche auch MMR 2010, 341). Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil wurde vom OLG München zurückgewiesen – Az. 6 U 5037/09).
Die Revision der Beklagten hatte insoweit Erfolg, als dass der BGH das vorinstanzliche Urteil aufhob und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwies.

Als Begründung führte der BGH aus, dass auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden könne, ob die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche tatsächlich bestünden.
Ein Verstoß der Beklagten gegen § 95a Abs. 3 UrhG könne nicht bejaht werden, da das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu der Frage getroffen habe, ob der Einsatz von technischen Maßnahmen zum Schutz der urheberrechtlich geschützten Videospiele der Klägerinnen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahre und legale Nutzungsmöglichkeiten nicht in übermäßiger Weise beschränke.
Auch eine Haftung der Beklagten für einen Verstoß der Beklagten zu 1 gegen § 95a Abs. 3 UrhG könne nicht begründet werden. Eine persönliche Haftung könne nur dann bejaht werden, wenn die Beklagten an diesem Verstoß durch positives Tun beteiligt gewesen seien oder aufgrund einer Garantenstellung einen Verstoß der Beklagten zu 1 hätten verhindern müssen. Die schlichte Kenntnis von Rechtsverletzungen reiche nicht aus. Vielmehr sei ein Verhalten erforderlich, dass dem äußeren Erscheinungsbild nach den Geschäftsführern anzulasten sei. Das Berufungsgericht habe jedoch keine Feststellungen getroffen, durch welche Verhaltensweisen die Beklagten einen solchen Verstoß veranlasst haben, ebenso sei eine Garantenstellung nicht ersichtlich.
Zudem könne nicht beurteilt werden, ob die geltend gemachten Ansprüche wegen Verletzung der Unionsmarke begründet seien. Zwar habe das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Unionsmarke verletzt worden sei, denn eine Markenverletzung liege auch dann vor, wenn das die Marke verletzende Zeichen, wie im Streitfall, erst nach dem Kauf der Ware wahrgenommen werde. Jedoch habe das Berufungsgericht die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht vorgenommen.

Eine persönliche Haftung der Beklagten komme auch hier nur nach den oben genannten Grundsätzen in Betracht. Das Berufungsgericht habe jedoch nicht begründet, warum die Beklagten für die Markenrechtsverletzung durch die Beklagte zu 1 haften. Auch habe es keine Feststellungen getroffen, die dem BGH eine Beurteilung dieser Frage ermögliche. Der erneute Tatsachenvortrag der Klägerin zu 1 in der Revisionsinstanz könne wegen § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO insoweit nicht mehr berücksichtigt werden.

Das Urteil des BGH vom 02.03.2017 ist abrufbar.

Ursprünglich erschienen im EMR-Newsletter 06/2017. Autorin ist Marion Schmitt, Rechtsreferendarin im Bezirk des OLG Saarbrücken.