Die Verpflichtung von Diensteanbietern für das Teilen von Online-Inhalten, nutzergenerierte Inhalte vor ihrem Upload zu überprüfen, ist mit den erforderlichen Garantien verbunden, um die Vereinbarkeit mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit zu gewährleisten – das entschied der EuGH mit Urteil vom 26. April in der Rechtssache C-401/19 und erteilte damit der Nichtigkeitsklage Polens eine Absage. Konkret ging es dabei um die unter dem Stichwort “Upload-Filter” kritisch diskutierte Regelung des Art. 17 der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt (DSM-Richtlinie; im Diskussionsstand noch Art. 13). 

Kern des Rechtsstreits ist der Regelungsgehalt des Art. 17 DSM-Richtlinie in Bezug auf die Haftung von Dienstanbietern für das Teilen von Online-Inhalten, also insbesondere Plattformen wie YouTube, die das Hochladen von nutzergenerierten Inhalten ermöglichen. Liegt für die öffentliche Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Inhalts weder eine Lizenz (um die sich die Plattformanbieter ebenfalls nach Art. 17 Abs. 1 DSM-Richtlinie bemühen müssen) noch eine sonstige Erlaubnis (zum Beispiel auf Basis der Schranken erlaubter Nutzung) vor, so haften die Plattformanbieter abweichend von den Haftungsprivilegierungen der e-Commerce-Richtlinie (zukünftig: des Digital Services Acts) grundsätzlich selbst für die hochgeladenen Inhalte. Hiervon können sie sich nur befreien, wenn sie unter anderem den Nachweis erbringen, dass sie “nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle Anstrengungen unternommen haben, um sicherzustellen, dass bestimmte Werke und sonstige Schutzgegenstände, zu denen die Rechteinhaber den Anbietern dieser Dienste einschlägige und notwendige Informationen bereitgestellt haben, nicht verfügbar sind” (Art. 17 Abs. 3 lit. b). Mit der Begründung, dass eine solche Regelung die Meinungs- und Informationsfreiheit verletze, insbesondere vor dem Hintergrund einer Filterung von meinungsbildungsrelevanten Inhalten und weil Plattformen voraussichtlich geneigt wären, auch rechtmäßig hochgeladene Inhalte im Zweifel zu löschen, um einer möglichen einschneidenden Haftung zu entgehen, erhob Polen hiergegen Klage auf Nichtigerklärung. Der EuGH wies die Klage jedoch ab: Art. 17 enthalte ausreichende Garantien um Einschränkungen der Grundrechte zu begegnen. 

Zwar räumt der Gerichtshof ein, dass die genannten Regeln eine Einschränkung der Ausübung des Rechts der Nutzer auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit begründen, weil Plattformen de facto verpflichtet würden eine vorherige Kontrolle durchzuführen, hierzu je nach Größe und Art des jeweiligen Dienstes und dem Umfang hochgeladener Inhalte sogar automatisierte Mittel einzusetzen hätten. Diese Einschränkung sei aber vor dem Hintergrund des mit der Regel verfolgten legitimen Ziels des Schutzes der Rechte am geistigen Eigentum gerechtfertigt, insbesondere auch verhältnismäßig. Ein Filtersystem, bei dem die Gefahr bestünde, dass es nicht hinreichend zwischen einem unzulässigen Inhalt und einem zulässigen Inhalt unterscheidet, und daher auch die Sperrung zulässiger Inhalte bewirken könnte, wäre zwar mit den Grundrechten der Nutzer unvereinbar. Allerdings habe der Unionsgesetzgeber klare und präzise Grenzen für die Maßnahmen aufgestellt, die von Plattformanbietern verlangt werden können, indem er insbesondere Maßnahmen ausgeschlossen hat, die rechtmäßige Inhalte beim Hochladen filtern oder sperren. Hierzu verweist der EuGH insbesondere auf die Garantien in Art. 17 Abs. 7 bis 9 DSM-Richtlinie. Darin werde in ausreichender Weise sichergestellt, dass im Rahmen der Schranken erlaubte Nutzungen (Zitate, Kritik und Rezensionen, Karikaturen, Parodien oder Pastiches) nicht von den Kontrollpflichten betroffen werden dürfen, die Anwendung von Art. 17 nicht zu einer Pflicht zur allgemeinen Überwachung führt und Nutzern wirksame und zügige Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung stehen. In die Abwägung zwischen Meinungs- und Informationsfreiheit der Nutzer einerseits und Eigentumsfreiheit der Rechteinhaber andererseits stellt der EuGH dabei auch ein, dass die Kontrollpflichten überhaupt nur dann ausgelöst werden, wenn die betreffenden Rechteinhaber den Plattformanbietern die einschlägigen und notwendigen Informationen über diese Inhalte übermittelt haben. 

Die Argumentation des EuGH basiert also insgesamt darauf, dass nach der gesetzgeberischen Intention nur tatsächlich rechtswidrige (und damit nicht schützenswerte) Inhalte von Art. 17 ins Visier genommen werden sollen und diese Intention auch durch geeignete Garantien abgesichert wird. Dabei erkennt aber auch der Gerichtshof die Gefahr, dass auch rechtmäßige Inhalte unter Umständen durch das Raster fallen könnten (oder in dem Fall: nicht durch das Raster des Filters gelangen). Diese Gefahr tritt aber – wegen der vorhandenen Schutzmechanismen – hinter die Interessen der Urheber zurück. Hervorzuheben ist aber auch der Verweis des EuGH vor diesem Hintergrund, dass es nichtsdestoweniger Sache der Mitgliedstaaten ist, bei der Umsetzung von Art. 17 darauf zu achten, dass sie sich auf eine Auslegung dieser Bestimmung stützen, die es erlaubt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Charta geschützten Grundrechten sicherzustellen.