Die Europäische Kommission hat heute eine Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen europäisches Recht melden, vorgestellt. Bereits seit zwei Jahren laufen Verhandlungen über eine solche Richtlinie, seine Ursprünge hat der Vorschlag bei der Grünen Fraktion / EFA im Europäischen Parlament unter der Federführung des ungarischen Abgeordneten Benedek Jávor.

Hintergrund dieses Vorschlages sind mehrere Fälle aus der näheren Vergangenheit, in der Whistleblower zur Aufdeckung eines größeren Unrechts im öffentlichen Interesse vertrauliche Interna veröffentlicht haben. Stichworte sind in diesem Zusammenhang die Panama Papers, die Luxleaks-Affäre, aber auch der VW-Dieselskandal oder die neusten Enthüllungen rund um Facebook und Camebridge Analytica. Momentan verfügen nur zehn der 28 EU-Staaten über einen gesetzlichen Schutz von Whistleblowern, darunter Frankreich und Irland.

Die nun vorgeschlagene Richtlinie soll einen europaweiten Mindeststandard zum Schutz von Whistleblowern gewährleisten. Anwendung soll sie bei Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. EUR, sowie Landes- und Regionalverwaltungen und Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern finden. Ein Schutz besteht dabei bei Meldungen von Verstößen in verschiedenen Bereichen des EU-Rechts wie beispielsweise Datenschutz, öffentliche Auftragsvergabe, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche oder auch Verstößen gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften und die Körperschaftsteuer-Vorschriften sowie bei Schädigungen der finanziellen Interessen der EU.                                               

Ein wirksamer Schutz von Hinweisgebern soll dabei auf mehrere Weisen erreicht werden: So enthält der Richtlinienvorschlag das Modell eines dreigliedrigen Meldesystems. Dabei stehen an der ersten Stufe einzurichtende anonyme interne Meldekanäle, gefolgt von Meldungen an die zuständigen Behörden, falls die Meldung auf der ersten Stufe nicht erfolgreich ist, sowie – als ultima ratio – die Meldung an die Öffentlichkeit und Medien, wenn nach der Meldung über andere Kanäle keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden oder wenn eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses oder die Gefahr eines irreparablen Schadens besteht. Darüber hinaus sind für die Unternehmen und Behörden Rückmeldepflichten innerhalb von drei Monaten vorgesehen.

Weiter sollen aber auch enttarnte Whistleblower vor innerbetrieblichen Konsequenzen wie Entlassungen, Degradierungen und ähnlichem geschützt werden. So sieht der Richtlinienvorschlag eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Whistleblower vor. Demnach muss die von der Meldung betroffene Person oder Organisation nachweisen, dass sie keine Vergeltungsmaßnahmen gegen den Hinweisgeber ergreift.

Dabei sieht der Vorschlag aber auch Sicherungsmaßnahmen für die betroffenen Personen oder Unternehmen in Form der Unschuldsvermutung und Rechtsmitteln vor, sodass der Schutz sich nur auf solche Hinweisgeber entfaltet, die tatsächlich im öffentlichen Interesse handeln. So sollen Unternehmen und Einzelpersonen vor Rufmord und Verleumdungen geschützt werden.

Begrüßt wird der Richtlinienvorschlag von dem Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), wobei ausdrücklich der weite Anwendungsbereich des Vorschlages hervorgehoben wird. Das Institut kündigte darüber hinaus für die nächsten Wochen eine weitere Prüfung des Vorschlages unter dem Blickpunkt der Meinungs- und Pressefreiheit an.

Der Richtlinienvorschlag (COM(2018) 218 final) vom 23.04.2018 ist im Volltext abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/files/proposal-directive-european-parliament-and-council-protection-persons-reporting-breaches-union-law_en, eine Pressemitteilung der Kommission unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3441_de.htm