Mit Urteil vom 30.04.2019 hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschieden, dass eine international ausgerichtete Internet-Plattform, auf der kostenfrei literarische Werke veröffentlicht werden, für Urheberrechtsverletzungen in Deutschland haftet, wenn die in deutscher Sprache angebotenen Werke nach deutschem Urheberrecht noch nicht gemeinfrei sind.

Hintergrund ist eine in den USA ansässige „non-for-profit-cooperation“. Diese betreibt die international ausgerichtete Webseite www.gutenberg.org, auf der über 50.000 Bücher als eBooks abrufbar sind, darunter auch Werke in deutscher Sprache. Die Bücher werden von freiwillig tätigen Mitgliedern auf der Plattform eingestellt. Vor Veröffentlichung erfolgt eine urheberrechtliche Prüfung der Werke, allerdings nur nach US-amerikanischem Urheberrecht.

Ein deutscher Verlag hatte gegen die Verbreitung mehrere Werke in deutscher Sprache geklagt. Der Verlag ist Inhaber ausschließlicher, umfassender und territorial unbeschränkter Nutzungsrechte von insgesamt 18 auf der Plattform abrufbarer Werke. Der Verlag machte Urheberrechtsverletzungen geltend und hatte auf Unterlassen geklagt. Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Frankfurt hatte im Februar 2018 der Klage stattgegeben. Die daraufhin vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eingelegte Berufung war nun erfolglos. Nach US-amerikanischem Urheberrecht sind die streitgegenständlichen Werke seit einigen Jahren gemeinfrei, nicht jedoch nach der in deutschem Recht vorgesehenen Schutzdauer.

Nach Ansicht der Richter seien die deutschen Gerichte international zuständig und es sei zudem deutsches Recht anwendbar, da die Inhalte der Website bestimmungsgemäß auch in Deutschland abgerufen werden können. Die geltend gemachten Ansprüche wegen der Verletzung von Urheberrechten bestünden nach deutschem Recht als Recht des sog. Schutzlandes. Zudem habe sich die Plattform die von ihren Mitgliedern hochgeladenen Inhalte auch „zu eigen“ gemacht, indem die Bücher unter der Rubrik „our books“ eingestellt und mit eigenen Lizenzhinweisen versehen wurden. Die Plattform sei daher als Täterin für die Urheberrechtsverletzungen verantwortlich. Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht der Plattform sei ohne Bedeutung.

Allerdings reiche es aus, dass die in Streit stehende Werke auf der Plattform der Beklagten lediglich in Deutschland nicht mehr abrufbar sind. Die Plattform sei nicht verpflichtet die Werke vollständig zu entfernen. Seit Februar 2018 sind IP-Adressen aus Deutschland auf der Plattform blockiert, es kann nur noch die Startseite, nicht mehr das Angebot abgerufen werden.

 

Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt am Main vom 30.04.2019 ist abrufbar unter:

https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/internationale-internet-plattform-f%C3%BCr-literarische-werke-haftet-f%C3%BCr

Informationsseite zum Rechtsstreit von gutenberg.org:

https://cand.pglaf.org/germany/index.html