Die Kommission hat heute, am Mittwoch den 18. Juli 2018, ihre Entscheidung in einer Kartellrechtssache gegen Google Inc. bekanntgegeben, mit der sie der Suchmaschinenbetreiberin eine Geldbuße in Höhe von 4,34 Milliarden Euro auferlegt. Die Begründung: Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung bei Android-Mobilgeräten und deren Verknüpfung mit der Google-Suche. 

Nach Art. 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und daher verboten, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Hierunter fällt insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen, die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher, die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden und die an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

Googles marktbeherrschende Stellung 

Die Kommission stellt in ihrem Beschluss zunächst die marktbeherrschende Stellung von Google in drei Bereichen fest: 

  • Auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste, da in den meisten EWR-Staaten Google über einen Marktanteil von über 90 Prozent verfüge. 
  • Auf dem Markt für Lizenzpflichtige Betriebssysteme für intelligente Mobilgeräte durch die Übernahme des ursprünglichen Herstellers des Android-Betriebssystems für Mobilgeräte im Jahr 2005 und die seitdem übernommenen alleinige Weiterentwicklung des Betriebssystems, welches innerhalb des Weltmarkts einen Anteil von 95 % bei lizenzpflichtigen Betriebssystemen hat. 
  • Auf dem Markt für Android-App-Stores, da über 90 Prozent der Apps, die auf Android-Geräte im EWR heruntergeladen werden, aus dem Android-App-Store von Google (Play Store) stammen. Ein weiteres Merkmal des Marktes sind die hohen Marktzutrittsschranken. Aus ähnlichen Gründen wie den bereits dargelegten wird die beherrschende Stellung von Google auf dem Markt für App-Stores nicht durch den App-Store von Apple untergraben, da dieser ausschließlich auf iOS-Geräten verfügbar ist.

In den beiden letzteren Fällen wurden von der Kommission die ausschließlich von vertikal integrierten Entwicklern genutzten Systeme wie iOS von Apple oder Blackberry und deren App-Stores nicht von der Kommission berücksichtigt, da diese nicht demselben Markt zuzuordnen seien, da sie von Fremdherstellern von Mobilgeräten nicht verwendet werden dürften. Aber auch im Übrigen – so die Kommission – ändere die grundsätzlich bestehende Konkurrenz zu Apple-Geräten nichts an der marktbeherrschenden Stellung von Google, da die Konkurrenzsituation den Wettbewerb nicht in ausreichendem Maß einschränke. Insbesondere werde die Kaufentscheidung (für iOS oder Android-Geräte) von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren beeinflusst, die unabhängig von dem Betriebssystem sind. Außerdem würden auch unterschiedliche Kundenkreise durch die teils enormen Preisunterschiede zwischen den Geräten angesprochen und bei einem Umstieg von Android auf iOS würden Nutzer erhebliche Nachteile (Verlust von Apps und notwendige Neueinspeisung von Kontakten) erleiden, die regelmäßig entscheidungserheblich seien. Schließlich werde ohnehin die Google-Suche auch auf Apple-Geräten standardmäßig verwendet. 

Verbotene Verhaltensweise

Unter die in Art. 102 AEUV genannten verbotenen Verhaltensweisen fasste die Kommission nun auch das konkrete Vorgehen von Google rund um den Vertrieb und die Nutzung von Geräten mit einer Android-Betriebssoftware und deren Verknüpfung mit der von Google betriebenen Suchmaschine. Unter anderem hatte Google von allen Herstellern als Bedingung für eine Lizenzierung des App-Store von Google (Play Store) verlangt, die Anwendung („App“) Google-Suche und die Google-eigene Browser-App (Chrome) auf ihren Geräten vorzuinstallieren. Zudem wurden Zahlungen an bestimmte große Hersteller und Mobilfunknetzbetreiber geleistet, wenn diese ausschließlich die App Google-Suche auf ihren Geräten vorinstallierten. Schließlich wurden Hersteller, die Apps von Google auf ihren Geräten vorinstallieren wollten, daran gehindert, auch nur ein einziges intelligentes Mobilgerät zu verkaufen, das über eine alternative, von Google nicht genehmigte Android-Version – einen sogenannten Android-Fork – betrieben wird.

Nicht nur dass diese drei Vorgehensweisen für sich gesehen bereits als Missbrauch einzuordnen seien, seien sie vielmehr darüber hinaus auch Teil einer umfassenden Strategie, mit der Google – in Zeiten einer erheblichen Bedeutungszunahme mobiler Internetdienste – seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internet-Suchdienste festigen wolle. Google verwehre es damit Wettbewerbern, sich in einem leistungsorientierten Wettbewerb zu messen durch seine Kopplungspraktiken in Form der Vorinstallation der Google-Suchmaschine und des Chrome-Browsers auf nahezu allen Android-Geräten und der Zahlungen an Hersteller. Im Gegenzug habe Google sogar die Entwicklung von Android-Forks behindert, die konkurrierenden Suchmaschinen eine Plattform für einen Zugang zu einem erhöhten Internetverkehr hätte bieten können.

Folgen der Entscheidung

Die Entscheidung der Kommission ist nicht nur mit einer Geldbuße in Höhe von 4,34 Milliarden Euro verbunden. Google muss das als illegal qualifizierte Verhalten auch innerhalb von 90 Tagen nach dem Beschluss endgültig abstellen. Im Falle einer Nichteinhaltung der im Beschluss der Kommission dargelegten Bestimmungen könnte die Kommission durch einen erneuten Beschluss Zwangsgelder von bis zu 5 Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google, festsetzen. 

Da es sich um eine Entscheidung mit erheblicher wettbewerbsrechtlicher Aussagekraft handelt, läuft Google nun zudem auch Gefahr vor zivilrechtlichen Schadensersatzklagen, die sowohl betroffene Personen als auch Mitbewerber vor den Gerichten der Mitgliedstaaten erheben könnten.

 

 

Die ausführliche Pressemitteilung der Europäischen Kommission ist abrufbar unter

https://ec.europa.eu/germany/news/20180718-kommission-google-android-strafe-von-434-milliarden-euro_de