Am 7.11.2020 ist der neue Medienstaatsvertrag in Kraft getreten, der den bisherigen Rundfunkstaatsvertrag in Deutschland ablöst. Darin werden nicht nur die Anforderungen der durch die Änderungsrichtlinie (EU) 2018/1808 reformierten AVMD-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, sondern auch weitere Bereiche des Mediensystems vor dem Hintergrund der sich wandelnden Medienlandschaft adressiert. Insbesondere enthält der Medienstaatsvertrag nunmehr auch Elemente einer digitalen Auffindbarkeits- und Aufmerksamkeitsregulierung, indem Medienplattformen, Benutzeroberflächen und Intermediäre in den Anwendungsbereich aufgenommen wurden.

Der Medienstaatsvertrag hat dabei einen langen Weg hinter sich. Nach dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz im Juni 2016 wurde ein erster Entwurf des Medienstaatsvertrages entwickelt und im Juni 2018 veröffentlicht. Es folgten zwei öffentliche Onlinebeteiligungsverfahren zum ersten Entwurf (Sommer 2018) und zu einem weiteren, überarbeiteten Entwurf (Sommer 2019), in deren Rahmen die interessierte Öffentlichkeit Stellung zu den vorgeschlagenen Regelungen beziehen konnte. Am 5.12.2019 erfolgte dann die Beschlussfassung der Regierungschefs und –chefinnen der 16 deutschen Bundesländer, die für die Gesetzgebung im Bereich des Medienrechts innerhalb der föderalen Struktur Deutschlands zuständig sind und sich daher über das Modell eines Staatsvertrages, der dann jeweils in entsprechendes Landesrecht zu transformieren ist, auf gemeinsame Regeln für bestimmte, bundesweit relevante Bereiche einigen. Im Januar 2020 wurde der Entwurf eines Staatsvertrages zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland dann bei der Europäischen Kommission notifiziert (Notifizierungsnummer 2020/26/D). Die Kommission erteilte in diesem Rahmen zwar ihre Zustimmung zur Verabschiedung der neuen Regeln, äußerte allerdings „gewisse Bedenken“ insbesondere im Hinblick auf die neuen Regeln zur Plattformregulierung und deren Auswirkungen auf den grundfreiheitlich garantierten freien Dienstleistungsverkehr und deren Vereinbarkeit mit bestehendem und in der Entwicklung befindlichem Sekundärrecht der EU. Danach mussten noch alle 16 Landesparlamente der Verabschiedung zustimmen, bis der MStV nunmehr im November in Kraft treten konnte.

In Bezug auf die Umsetzung der AVMD-Richtlinie enthält der MStV, auch in Verbindung mit Änderungen im Jugendmedienschutzstaatsvertrag, Regelungen für Video-Sharing-Plattformen zum Jugend- und Menschenwürdeschutz, zur Stärkung von barrierefreien Angeboten und Liberalisierungen im Bereich Werbung für private Rundfunkanbieter. In Bezug auf die „neuen Medienanbieter“ werden allgemeine Grundsätze in Form von technologieneutralen Regeln, Transparenzvorgaben und Diskriminierungsverboten etabliert. Besondere Regeln gibt es sowohl für Medienplattformen (Bestimmungen zur Signalintegrität, Must-Carry-/Zugangs- und Auffindbarkeitsregeln) und Medienintermediäre (Kennzeichnungspflichten für Social Bots, Pflicht zur Bestellung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten).

Ob mit dem Medienstaatsvertrag die Vorgaben der Novelle der AVMD-Richtlinie umgesetzt sind, ist derzeit Gegenstand einer Prüfung der Europäischen Kommission.  Diese hat am 23. November 2020 Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, 22 weitere Mitgliedstaaten der EU und Großbritannien eingeleitet.

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