Mit Beschluss vom 12. Juli 2018 (Az. I ZB 86/17), der am 28. September 2018 veröffentlicht wurde, hat der BGH entschieden, dass eine Rundfunkanstalt, die es zu unterlassen hat, bestimmte in einem Fernsehbeitrag enthaltene Äußerungen zu verbreiten oder verbreiten zu lassen, ihrer Unterlassungspflicht genügt, wenn sie den Fernsehbeitrag aus ihrer Mediathek entfernt und durch Einwirkung auf gängige Suchmaschinen, insbesondere Google, dafür Sorge trägt, dass der Beitrag nicht weiter aus dem Cache der Suchmaschinen abgerufen werden kann.
Zur Begründung für letzteren Bestandteil der Unterlassungspflicht führte der BGH aus, dass die Tätigkeit von Suchmaschinen, die Nutzer auf im Internet verfügbare Inhalte von Unternehmen hinweisen, die sich im Rahmen ihrer gewerblichen Betätigung des Internets bedienen, im wirtschaftlichen Interesse dieser Unternehmen liege. Im Falle des NDR sei der Suchmaschinenhinweis auf in der Mediathek verfügbare Fernsehbeiträge jedenfalls geeignet, der Mediathek und bereits gesendeten Beiträgen eine gewisse Öffentlichkeitswirksamkeit zu verschaffen und zu erhalten. Mithin komme die Aufnahme von in der Mediathek verfügbaren Beiträgen in Internetsuchmaschinen dem NDR wirtschaftlich zugute. Der NDR habe auch damit rechnen müssen, dass der aus der Mediathek gelöschte Beitrag durch Speicherung im Suchmaschinen-Cache bis zu dessen Aktualisierung verfügbar bleiben und es somit zu weiteren rechtsverletzenden Abrufen kommen würde.
Die Unterlassungspflicht des NDR sei hingegen nicht verletzt, wenn der Beitrag weiter im Internet abrufbar ist, weil ein Dritter, dessen Handeln der Rundfunkanstalt nicht wirtschaftlich zugutekommt, den Beitrag selbständig in einem Internetvideoportal veröffentlicht hat.
Zur Begründung führte der BGH insoweit aus, dass der Schuldner im Rahmen der Unterlassungsvollstreckung nach § 890 ZPO grundsätzlich nicht für das selbständige Handeln Dritter hafte. Eine Pflicht zur aktiven Einwirkung auf Dritte komme nur in Betracht, wenn das Handeln des Dritten dem Schuldner wirtschaftlich zugutekommt. Diesem Haftungsmodell liege die Wertung zugrunde, dass ein Schuldner, der sich zur Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten der Hilfe Dritter bediene, für das hier-durch gesteigerte Risiko von Störungen einstehen müsse.
Die Veröffentlichungshandlung des Youtube-Nutzers komme dem NDR wirtschaftlich nicht zugute. Zwar bewirke die Veröffentlichung auf einem Videoportal im Internet rein tatsächlich, dass mehr Zuschauer vom Inhalt des Fernsehbeitrags des NDR Kenntnis erlangen können. Allerdings führe allein die Erweiterung des potentiellen Zuschauerkreises noch nicht zu einem relevanten wirtschaftlichen Vorteil des NDR. Sie könne sich – im Gegenteil – zum Nachteil des Internetangebots des NDR auswirken, weil die Einräumung einer in Konkurrenz zur Mediathek stehenden Zugriffsmöglichkeit deren Attraktivität schmälere. Bei der hier gebotenen wertenden Betrachtung falle weiter ins Gewicht, dass die Veröffentlichung durch einen Dritten ohne Zustimmung des NDR dessen Urheberrechte verletze, die ihm allein die Befugnis einräumten, über Art und Weise der Nutzung seiner Werke zu entscheiden und diese so wirtschaftlich zu verwerten.

Foto: Joe Miletzki

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