Mit U. v. 16.02.2017 entschied der EuGH, dass die Wiedergabe von Fernseh- und Hörfunksendungen über in Hotelzimmern aufgestellte Fernsehgeräte keine Wiedergabe an einem Ort darstellt, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich ist (Rs. C-367/15).
Eine österreichische Verwertungsgesellschaft klagte gegen eine Hotelbetreiberin wegen der Wiedergabe von Rundfunksendungen über in den Hotelzimmern aufgestellten Fernsehgeräten. Das Hotel verfügt über einen Kabelanschluss, von dem verschiedene Rundfunkprogramme zeitgleich, unverändert und vollständig zu den Fernsehgeräten weitergeleitet werden. Die Verwertungsgesellschaft ist der Ansicht, die Hotelbetreiberin nehme mit diesem Vorgehen eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Vermiet- und Verleih-Richtlinie vor und der Zimmerpreis sei als Eintrittsgeld zu verstehen, da er vom Fernsehangebot im Hotel beeinflusst sei. Art. 8 Abs. 3 der Vermiet- und Verleih-Richtlinie sieht für Sendeunternehmen das ausschließliche Recht vor, die drahtlose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Das Verhalten der Hotelbetreiberin bedürfe daher deren Bewilligung sowie der Zahlung eines Entgelts. Das angerufene Handelsgericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH im Vorabentscheidungsverfahren die Frage vor, ob das Tatbestandsmerkmal „gegen Eintrittsgeld“ in Art. 8 Abs. 3 der Vermiet- und Verleih-Richtlinie erfüllt ist, wenn zum einen in den einzelnen Zimmern eines Hotels Fernsehgeräte bereitgestellt sind und vom Hotelbetreiber das Signal diverser Rundfunkprogramme durch diese wahrnehmbar gemacht wird und zum anderen vom Hotelbetreiber für die Benutzung des Zimmers ein Entgelt für das Zimmer pro Nächtigung verlangt wird, das auch die Nutzung des Fernsehgeräts und der dadurch wahrnehmbaren Rundfunkprogramme mitumfasst.
Der EuGH betont in seiner Entscheidung, dass keine Wiedergabe an einem Ort vorläge, „der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich ist“. Dieses Merkmal solle so ausgelegt werden, dass es nicht im Widerspruch zu dem am 26. Oktober 1961 in Rom geschlossenen Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen steht und sei im Lichte dieses Abkommens auszulegen. Danach ist eine Zahlung erforderlich, die speziell als Gegenleistung für die öffentliche Wiedergabe einer Rundfunkleistung verlangt wird. Die Bezahlung von Speisen oder Getränken in Gaststätten, in denen Fernsehsendungen ausgestrahlt werden, wurde nach diesen Kriterien beispielsweise nicht als Zahlung eines Eintrittsgeldes im Sinne dieser Bestimmung angesehen. Aus diesen Gründen stellt der EuGH für den vorliegenden Fall fest, dass auch der Preis eines Hotelzimmers kein Eintrittsgeld sei, das speziell als Gegenleistung für die öffentliche Wiedergabe einer Fernseh- oder Hörfunksendung verlangt werde, sondern die Gegenleistung für eine Beherbergungsleistung
darstelle. Bei dieser Beherbergungsleistung treten je nach Hotelkategorie bestimmte Zusatzleistungen wie die Wiedergabe von Rundfunksendungen mit Hilfe von Empfangsgeräten auf den Zimmern hinzu, die normalerweise unterschiedslos im Übernachtungspreis enthalten seien. Diese Auslegung widerspreche auch nicht den Urt. v. 07.12.2006 – Rs. C-306/05 u. v. 15.03.2012 – Rs. C 162/10, in denen der EuGH zu prüfen hatte, ob eine öffentliche Wiedergabe vorlag und ausführte, dass die Verbreitung eines Signals mittels in Hotelzimmern aufgestellter Fernseh- oder Radiogeräte eine zusätzliche Dienstleistung darstelle, die sich auf den Standard des Hotels und damit auf den Preis der Hotelzimmer auswirke. Hier ging es nämlich um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „öffentliche Wiedergabe“ und nicht wie hier um das Tatbestandsmerkmal „gegen Eintrittsgeld“.

Nach alledem wurde die Vorlagefrage dahingehend beantwortet, dass die Wiedergabe von Fernseh- und Hörfunksendungen über in Hotelzimmern aufgestellte Fernsehgeräte keine Wiedergabe an einem Ort darstelle, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich ist und diese Wiedergabe damit nicht vom Geltungsbereich des Ausschließlichkeitsrechts der Rundfunkanstalten aus Art. 8 Abs. 3 der Vermiet- und Verleih- Richtlinie erfasst ist.

Das Urteil des EuGH vom 16.02.2017 (Rs. C-367/15) ist in deutscher Sprache abrufbar.

Ursprünglich erschienen im EMR-Newsletter 03/2017; Autorin ist Dipl.-Jur. Bianca Borzucki.

Seite Drucken