Mit Urteil vom 4. Dezember 2018 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in der Rechtssache Magyar Jeti Zrt gegen Ungarn in der Beschwerde Nr. 11257/16 einstimmig entschieden, dass Ungarn durch die Ausgestaltung seines kommunikationsbezogenen Haftungsrechts die in Artikel 10 EMRK geschützte Meinungsfreiheit verletzt habe.

Der Fall betraf ein Unternehmen, das für die Veröffentlichung eines Hyperlinks zu einem Interview  auf YouTube haftbar gemacht worden war, das Inhalte enthielt, die sich später als diffamierend erwiesen. Der EGMR unterstrich die Bedeutung von Hyperlinks für das reibungslose Funktionieren des Internets und unterschied die Verwendung von Hyperlinks vom traditionellen Publishing – Hyperlinks verwiesen auf verfügbares Material statt auf bereitgestellten Inhalt.

In Fortentwicklung seiner Rechtsprechung zu diesen Fragen legte der EGMR Elemente fest, die bei der Prüfung der Frage, ob die Veröffentlichung eines Hyperlinks zu einer Haftung führen könnte, gemäß Artikel 10 EMRK zu prüfen sind, und erklärte, dass in jedem Fall eine individuelle Beurteilung erforderlich ist. Der Gerichtshof stellte fest, dass das ungarische nationale Gesetz über die objektive (strenge) Haftung für die Verbreitung von diffamierendem Material die Möglichkeit einer angemessenen Beurteilung des Rechts eines Medienunternehmens auf freie Meinungsäußerung in einer Situation ausgeschlossen habe, in der die ungarischen Gerichte die Angelegenheit sorgfältig hätten prüfen müssen. Eine solche objektive Haftung für die Verwendung eines Hyperlinks könnte den Informationsfluss im Internet beeinträchtigen und Journalisten und Herausgeber davon abhalten, solche Links zu verwenden, wenn sie die Informationen, zu denen die Links führen, nicht kontrollieren können. Dies könnte einen abschreckenden Effekt in Bezug auf die Ausübung der Meinungsfreiheit im Internet haben.

Die Entscheidung stärkt die Medien- und Kommunikationsfreiheiten in Ungarn zu einem Zeitpunkt, in dem das Europäische Parlament auch mit Blick auf Gefährdungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung in Ungarn empfohlen hat, gegen diesen EU-Mitgliedstaat ein Kontroll- und Sanktionsverfahren nach Art. 7 des Vertrags über die Europäische Union einzuleiten, um eine systemrelevante Bedrohung der Grundwerte der Europäischen Union in Ungarn zu verhindern.

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