Nach Ansicht von Generalanwalt Richard de la Tour können die Mitgliedstaaten Verbraucherschutzverbänden erlauben, gegen Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten  Verbandsklagen zu erheben. Das hat er in seinen Schlussanträgen vom 2. Dezember 2021 in der Rechtssache C‑319/20 (Facebook Ireland Limited gegen Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., VBZV) hervorgehoben. Ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Schutz personenbezogener Daten könne gleichzeitig zu einem Verstoß gegen Vorschriften über den Verbraucherschutz oder unlautere Geschäftspraktiken führen. Die DS-GVO, insbesondere Art. 80 Abs. 2, welcher den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eröffnet, Verbänden eine Beschwerdebefugnis bei Aufsichtsbehörden einzuräumen, stehe daher auch Verbandsklagen nicht entgegen, weil weil solche darauf abzielen, die Rechte zu schützen, die den betroffenen Personen in ihrer Eigenschaft als Verbraucher aus dieser Verordnung erwachsen.

Hintergrund dieser Vorlagesache aus Deutschland ist ein Rechtsstreit zwischen dem VBZV und Facebook um die Praktiken im App-Zentrum von Facebook, der grundlegende Fragen des Verhältnisses zwischen Wettbewerbs- und Datenschutzrecht betrifft. Im App-Zentrum bietet Facebook Nutzer*innen unter anderem Zugang zu kostenlosen Spielen von Drittanbietern an. Bei einigen Spielen war es dabei möglich über einen Button, die Option « sofort spielen » zu wählen wobei folgende lnformationen unter dem Button angezeigt wurden: « Durch das Anklicken von ‘Spiel spielen’ oben erhält diese Anwendung Deine allgemeinen lnformationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr. Wenn du fortfährst, stimmst du den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien von XXX zu. » Diese Praxis hielt der VBZV für unlauter und ging daher auf Basis des UWG gegen Facebook vor. Dabei wurde die erhobene Unterlassungsklage unabhängig von der konkreten Verletzung von Datenschutzrechten einer betroffenen Person und ohne Auftrag einer solchen Person unter Berufung auf die Verbandsklagemöglichkeit nach §4 UKIaG erhoben. Das Landgericht Landgericht Berlin hat Facebook antragsgemäß verurteilt und auch die Berufung blieb ohne Erfolg. Die Gerichte stützten den Unterlassungsanspruch auf §8 Abs. 1 UWG i.V.m. 3 Abs. 1 UWG: Durch die angegriffene Gestaltung des « App-Zentrums » habe Facebook gegen § 28 Abs. 3 Satz 1, g 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG sowie gegen S 13 Abs. 1 TMG verstoßen, insbesondere eine notwendige Einwilligung der Nutzer*innen nicht auf ordnungsgemäße Weise eingeholt, und daher unlauter gehandelt, da diese datenschutzrechtlichen Vorschriften auch dem Verbraucherschutz dienten und daher Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF und § 3a UWG seien. 

In der von Facebook angestrengten Revision vor dem BGH ging es allerdings weniger darum, ob es sich um eine Verletzung von Datenschutzrecht handelte oder ob ein solcher Verstoß zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen führen kann, sondern vielmehr darum, ob ein Verband einen solchen Anspruch, der sich inhaltlich maßgeblich auch auf die Verletzung von Datenschutzrecht stützt, geltend machen kann. Hierfür sah der BGH Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der DS-GVO maßgeblich: Die DS-GVO räumt den Aufsichtsbehörden umfangreiche
Überwachungs-, Untersuchungs- und Abhilfebefugnisse ein und Art. 80 Abs. 2 sieht als Öffnungsklausel für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor , dass diese bestimmten Einrichtungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person das Recht einräumen, bei Aufsichtsbehörden eine Beschwerde einzulegen.  Diese klare Fokussierung auf die Tätigkeit von Aufsichtsbehörden – so die Erwägung des BGH – könnte einer Verbandsklagemöglichkeit auf Basis des Verbraucherschutz- und Wettbewerbsrecht ( und damit unabhängig von der Verletzung konkreter Rechte einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person) entgegenstehen, wenn und soweit es dort inhaltlich um die Verletzung von Datenschutzrecht gehe. Daher legte der BGH dem EuGH eine entsprechende Frage zur Auslegung von Kapitel VIII der DS-GVO vor. 

Generalanwalt de la Tour sieht in seinen Schlussanträgen keinen Konflikt mit der DS-GVO, wenn nationale Regeln aus dem Bereich Verbraucherschutz die Klagemöglichkeit von Verbänden vorsehen. Verbänden könnte es daher zur Wahrung von Verbraucherinteressen erlaubt sein, unter den Gesichtspunkten des Verbots der Vornahme unlauterer Geschäftspraktiken, des Verstoßes gegen ein Verbraucherschutzgesetz oder des Verbots der Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegen den mutmaßlichen Verletzer des Schutzes personenbezogener Daten Klage zu erheben, wenn die betreffende Verbandsklage auf die Wahrung von Rechten gerichtet ist, die den Personen, die von der beanstandeten Verarbeitung betroffen sind, unmittelbar aus dieser Verordnung erwachsen.
Der Generalanwalt weist darauf hin, dass sich der Gerichtshof in seinem Urteil Fashion ID im Hinblick auf die Richtlinie 95/46/EG, der Vorgängervorschrift der Datenschutz-Grundverordnung, zu einer ähnlichen Frage geäußert und eine entsprechende Möglichkeit für Verbrauschutzverbandsklagen gesehen habe. Nach Auffassung des Generalanwalts können weder die Ersetzung der Richtlinie 95/46 durch eine Verordnung noch der Umstand, dass die DS-GVO nunmehr der Vertretung von betroffenen Personen bei Klagen einen Artikel widmet, die Feststellung des Gerichtshofs in diesem Urteil in Frage stellen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gesamtkonzept der DS-GVO. Nationale Vorschriften, die einen Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen die Befugnis verliehen, über Vorschriften zum Schutz der Verbraucher oder zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken eine Unterlassungsklage zur Wahrung der durch diese Verordnung verliehenen Rechte zu erheben, könnten ähnliche Bestimmungen wie die DS-GVO enthalten, insbesondere in Bezug auf die Information der betroffenen Personen
über die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten. Folglich könne ein Verstoß gegen eine Vorschrift zum Schutz personenbezogener Daten gleichzeitig zu einem Verstoß gegen
Vorschriften über den Verbraucherschutz oder unlautere Geschäftspraktiken führen. Deshalb, so Generalanwalt de la Tour schlussfolgernd, komme die Wahrung solcher Kollektivinteressen 
dem Ziel der DS-GVO, ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu schaffen, sogar eher besonders entgegen.