In seinem Urteil vom 19. Juni 2018 (Az. 5 K 313/17.NW) hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße entschieden, dass der private Sender Sat.1 auch weiterhin verpflichtet ist, wöchentlich drei Stunden Sendezeiten für unabhängige Dritte in seinem Fernsehprogramm auszustrahlen.
Nach § 26 Abs. 5 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) ist ein Veranstalter, der mit einem Vollprogramm oder einem Spartenprogramm mit Schwerpunkt Information im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 10 vom Hundert oder, falls der Privatsender einer Sendergruppe angehört, die Sendergruppe insgesamt einen Zuschaueranteil von 20 v.H. erreicht, verpflichtet, auf Mitteilung der Landesmedienanstalt hin Sendezeit für unabhängige Dritte (sog. Fensterprogrammveranstalter) nach Maßgabe von § 31 RStV einzuräumen. Ob bei einem Privatsender oder einer Sendergruppe ein solcher Zuschaueranteil vorliegt, wird von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf Veranlassung der zuständigen Landesmedienanstalt ermittelt. Die Drittsendezeiten werden anschließend von der Landesmedienanstalt öffentlich ausgeschrieben. Der Fensterprogrammveranstalter wird im Benehmen mit dem Hauptprogrammveranstalter und der KEK ausgewählt und erhält eine Rundfunkzulassung für fünf Jahre.
Im Herbst 2015 wurde von der KEK ein Zuschaueranteil von 20,041 v.H. bei Sendergruppe ProSiebenSat.1 Media SE ermittelt und daher von der zuständigen Landesanstalt für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK) ein Vergabeverfahren eingeleitet. Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 13. Februar 2017 erteilte die LMK Zulassungen zur Veranstaltung und Verbreitung von überregionalen Fernsehfensterprogrammen im Fernsehvollprogramm von Sat1 an die drei Drittanbieter DCTP Entwicklungsgesellschaft für TV-Programme mbH, Good Times Fernsehproduktions GmbH und tellvision Film- und Fernsehproduktion e.K. Hiergegen erhob der Sender im März 2017 Klage und leitete parallel ein Eilverfahren wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung ein. stellte zugleich wegen des angeordneten Sofortvollzugs einen Eilantrag. Während das VG Neustadt (Beschluss vom 14. Juli 2017, Az. 5 L 312/17.NW) dem Eilantrag noch stattgab, wurde er nach Beschwerde der LMK und einer der Fensterprogrammveranstalter vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 17. Oktober 2017 Az. 2 B 11451/17) abgelehnt.
Nunmehr wurde auch die Klage vom VG Neustadt abgewiesen. Die Zulassungsentscheidung der Beklagten vom sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere sei rechtmäßig bei der Feststellung der Zuschaueranteile auf den Zeitpunkt der Aufforderung der LMK an die KEK abgestellt und der Referenzzeitraum von Oktober 2014 bis September 2015 zugrunde gelegt worden. Damit schloss sich das VG nicht der Argumentation der Klägerin an, dass es maßgeblich auf den Zeitraum von Februar 2016 bis Januar 2017 ankomme, in dem der Zuschaueranteil unter 20 v.H. lag. Die von der KEK angewendete arithmetische Berechnungsmethode sei entgegen der Auffassung der Klägerin ebenso nicht zu beanstanden. Auch habe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Einstellung des Drittsendezeitenverfahrens im Hinblick auf das nachträgliche Absinken der Zuschaueranteile der Sendergruppe der Klägerin erfordert. Insbesondere erfordere die Vergabe von Drittsendezeiten nicht nur umfangreiche Vorkehrungen der LMK sondern die Programmausstrahlung durch den FEnsterprogrammveranstalter benötige auch eine gewisse Planungssicherheit. Dies ist nach Auffassung des VG Neustadt aber nur gewährleistet, wenn geringe Schwankungen im Zuschaueranteil unterhalb der Schwellenwerte nicht sofort zur Reaktion zwängen. Für die Wichtigkeit der Planungssicherheit spreche auch der mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingeführt (relativ lange) Zulassungszeitraum von fünf Jahren. Mit der Einräumung von Drittsendezeiten werde der Hauptprogrammveranstalter, bezogen auf die Gesamtsendezeit, auch nur geringfügig in seiner Rundfunkveranstaltungsfreiheit einschränkt. Die Berücksichtigung nachträglicher Schwankungen müsse daher auf gravierende Ausnahmekonstellationen begrenzt werden, was vorliegend nicht der Fall gewesen sei.
Die Pressemitteilung des VG Neustadt
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