Im November letzten Jahres hat die Europäische Kommission ihre ersten Pläne für eine wirksame Bekämpfung von Fake News vorgestellt. Seither wurde auf europäischer Ebene unter anderem eine umfassende öffentliche Konsultation (Vgl. hierzu den Bericht des EMR) durchgeführt und eine Expertengruppe aus Vertretern der Zivilgesellschaft, Plattformen, sozialen Medien und Nachrichtenmedienorganisationen sowie aus Journalisten und Wissenschaftlern (High Level Expert Group, HLEG) eingerichtet, die bereits erste Berichte über ihre Arbeit und konkrete Vorschläge zur Bekämpfung von Desinformation im Internet veröffentlicht hat (Vgl. hierzu den Bericht des EMR). Das EMR hat sich im Rahmen seiner wissenschaftlichen Tätigkeit bereits umfangreich mit dem Thema “Fake News” oder “online misinformation/disinformation” beschäftigt, nicht zuletzt im Rahmen des im April 2018 veröffentlichten 5. Bands des EMR/Script “”Fake News” als Rechtsproblem”.
Am 17. Juli 2018 hat nun die Arbeitsgruppe des Multi-Stakeholder-Forums für Online-Desinformation, bestehend aus Vertretern von Online-Plattformen, führenden sozialen Netzwerken, Werbetreibenden und der Werbebranche, auf Basis der von der HLEG veröffentlichen Vorschläge einen Entwurf für einen Verhaltenscodex zur Bekämpfung von Online-Desinformation vorgelegt. Dabei stehen die Verbesserung der Kontrolle von Anzeigenplatzierungen, die Gewährleistung von Transparenz bei politischer und themenbezogener Werbung, die Gewährleistung der Integrität der Dienste von Plattformen, einschließlich der Identifizierung und Schließung von Fake-Accounts und der Verwendung geeigneter Mechanismen, um Bot-gesteuerte Interaktionen zu signalisieren, die Erleichterung der Entdeckung und Meldung von Falschinformationen sowie die Verbesserung der Zugänglichkeit auch anderer Nachrichtenquellen im Vordergrund. Zudem sollen Forschungseinrichtungen Zugang zu den Daten der Plattformen erhalten, um so eine kontinuierliche Überwachung der Online-Desinformation zu ermöglichen.
Konkret sollen die relevanten Vertreter sich beispielsweise einigen, Richtlinien und Prozesse etwa in Form von Verifikationstools zu implementieren, um Werbung von Unternehmen zu verhindern, die häufig materielle Informationen über sich selbst falsch darstellen. Auch soll Werbung deutlich gekennzeichnet werden und sich so besser von redaktionellen Inhalten unterscheiden lassen. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Europawahlen scheint auch die vorgeschlagene Vereinbarung bedeutsam, dass die relevanten Vertreter politische Werbung – definiert als als Werbung für oder gegen die Niederlage von Kandidaten oder Referenden bei nationalen und europäischen Wahlen – ermöglichen sollen. Zudem werden klare Richtlinien hinsichtlich der Identität und der Verwendung automatisierter Bots sowie Systeme zur Durchsetzung dieser Richtlinien gefordert. Beispielhaft sind hierzu im Anhang zu dem Entwurf des Verhaltenskodex einige bereits bestehende Politiken von Plattformbetreibern, insbesondere von Facebook, Twitter und Google, aufgelistet, die Anhaltspunkte für die Umsetzung liefern können.
Die Pressemitteilung sowie der Entwurf eines Verhaltenskodexes der Arbeitsgruppe sind abrufbar unter
https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/news/draft-code-practice-online-disinformation