Gelbe Karte für Bots und Trolle – das Symposium des EMR erörterte interdisziplinär die Folgen von Bots und Trollen auf die Willensbildung und damit die demokratischen Wahlen.

Berlin. Einiges im Internet kommt ganz ohne menschliches Zutun aus: Im Internet der Dinge kommunizieren Maschinen, um irgendeine Aufgabe zu erledigen. Der US-amerikanische Wahlkampf hat gezeigt, dass die Maschinen – Bots genannt – auch über Politik kommunizieren können. Um das Perpetuum mobile algorithmischer Echokammern auf Touren zu bringen, wirft ein Troll, ein beseeltes Wesen mit böser Absicht, gelegentlich etwas in die Diskussion. Die Bots, die Algorithmen der als soziale Medien bezeichneten Plattformen und Suchmaschinen greifen die Inhalte auf und erklären sie zur herrschenden Meinung. Diese Situation wirft grundlegende Fragen für eine Demokratie auf. Um den Sachverhalt näher zu beleuchten veranstaltete das Institut für Europäisches Medienrecht e. V. ein  Symposium für Anbieter aus dem Bereich der Medien, politische Entscheidungsträger und das interessierte Fachpublikum am 24.04.2017 in Berlin.

Neben Expertenvorträgen stand ebenso eine Podiumsdiskussion von Vertretern der politischen Parteien im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die Vorträge klärten im ersten Teil den namensgebenden Sachverhalt interdisziplinär auf: Was spielt sich technisch ab, wie erkennt man die Maschine zu Mensch-Kommunikation, und was ist wirklich im US-Wahlkampf
geschehen? Die Experten waren sich einig: Man sieht eine steigende Gefahr der Beeinflussung der Bürger durch Bots und müsse den Bots die „gelbe Karte“ zeigen.

Frau Prof. Dr. Katharina Zweig vom Fachbereich Informatik der Technischen Universität Kaiserslautern brachte die Ergebnisse auf den Punkt: „Es ist unbestritten, dass Suchmaschinenalgorithmen und Empfehlungssysteme auf sozialen Medien das Potential für Manipulation der freien (politischen) Meinungsbildung haben – dabei ist die Indizienlage
aber dünn, was eine interne Manipulation durch die jeweiligen Firmen angeht. Eine Manipulation von außen durch SEO, Bots, und Microtargeting ist deutlich wahrscheinlicher.
Unklar bleibt aber auch hier, wie stark der damit ausgeübte Einfluss auf Wählerinnen und Wähler letztendlich ist.“

Im zweiten Teil wurden zunächst die verfassungsrechtlichen Grundlagen in Erinnerung gerufen, bevor die Parteien zu Wort kamen. Vertreten war die CDU/CSU, SPD, Grünen, LINKE und FDP. Die einhellige Aussage der Parteivertreter war, dass man die Selbstverpflichtung zum Verzicht auf den Einsatz von Bots im kommenden Bundestagswahlkampf einhalten wolle. Gleichwohl divergierten die Positionen hinsichtlich einer gesamtheitlichen Lösung. So plädierte etwa Frau Rößner von den GRÜNEN für eine starke staatliche Regulierung: „Die Erfahrung bei dem Umgang mit strafbaren Inhalten zeigt: Selbstverpflichtungen der Diensteanbieter greifen eher selten. Deshalb brauchen wir ein effektives Melde- und Abhilfeverfahren, Bußgelder und Sanktionen. Wichtig ist, dass endlich ein festgelegtes Mindestverfahren gilt und transparent umgesetzt wird. Insbesondere bedarf es fachlich ausgebildeter Ansprechpartner bei den Plattformen,
ähnlich eines Datenschutzbeauftragten, die im Falle von Beschwerden tätig werden.“
Dementgegen tendierten die Vertreter der CDU/CSU sowie SPD zur Etablierung einer freiwilligen Selbstkontrolle im Umgang mit Bots und Trollen. Herr Prof. Dr. Voigt (CDU) sagte diesbezüglich: „die Identifikation der Bots ist wichtig“ und „der Mensch muss sensibilisiert sein“. Vergleichbar äußerte sich auch Herr Petry (SPD): „Wo man Handlungsbedarf sieht, etwa bei der Verbreitung von Hassnachrichten, gilt es Kontrolle auszuüben – etwa über eine Selbstregulierung“. Einigkeit der Parteien herrschte zumindest hinsichtlich der unmittelbar umsetzbaren Abhilfen. Frau Domscheit-Berg von DIE LINKE führte zu diesem Thema aus: „Der Umgang mit Bots und Hass im Netz ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die auch nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden kann. Statt neuer Verbote ist hier mehr Transparenz gefragt, z.B. eine Kennzeichnung von Social-Bots, mehr digitale Solidarität untereinander und die konsequentere Durchsetzung bereits
existierender rechtsstaatlicher Standards.“

Das auch weiterhin Nachholbedarf in der Gesellschaft besteht, was die Nutzung des Internets als Kommunikationsmedium betrifft, macht schließlich Herr Schlömer (FDP) deutlich: „Das Internet soll eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen“ und „eine Diskussionskultur muss gewagt werden“. Er spricht sich zudem für eine verstärkte Grundlagenforschung hinsichtlich der Wirkweise von Bots aus.

Weitere Einzelheiten können dem beigefügten

Tagungsbericht (Symposium zur Willensbildung des Volkes im Internet der Bots und Trolle) 

entnommen werden.

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