Nur knapp zwei Wochen nach dem Urteil des BGH zur Unzulässigkeit der Speicherung von Profildaten in einem Ärztebewertungsportal, muss die Portalbetreiberin « Jameda GmbH » erneut eine Niederlage vor Gericht einstecken – diesmal im Hinblick auf ihre Störerhaftung für Userbewertungen. Das OLG Dresden hat mit seinem nun bekannt gewordenen Urteil vom 06. März 2018 (Az.: 4 U 1403/17) entschieden, dass der Betreiber eines Bewertungsportals sich die Bewertung eines Nutzers bereits dann zu eigen macht und daher als unmittelbarer Störer haftet, wenn er diese auf Rüge des Betroffenen prüft und diesem sodann mitteilt, »strittige Tatsachenbehauptungen » habe er entfernt, so dass die Bewertung nunmehr den Nutzungsrichtlinien des Portals entspreche. 

Der Kläger, ein Arzt, dem von einem Nutzer des Portals in einer negativen Bewertung unter dem Titel « Ein kompletter Reinfall/Komplett imkompetent » u.a. vorgeworfen wurde, sich nicht ausreichend Zeit für seine Patienten zu nehmen, forderte die Portalbetreiberin zunächst außergerichtlich auf, die entsprechende Bewertung zu löschen, da die Vorwürfe schlicht als falsch einzustufen seien und insbesondere aufgrund einer falschen Angabe des Behandlungspreises durch den Nutzer bereits zweifelhaft sei, dass überhaupt ein Behandlungskontakt stattgefunden habe. Hieraufhin teilte die Portalbetreiberin mit, die beanstandete Bewertung « bereits geprüft » und « strittige Tatsachenbehauptungen (die Behandlungspreisangabe) hierbei entfernt » zu haben, so dass die Bewertung nunmehr den « Nutzungsrichtlinien und rechtlichen Vorgaben » des Portals entspreche. Hieraufhin erhob der betroffene Arzt Unterlassungsklage, die das erstinstanzlich mit dem Rechtsstreit befasste Landgericht Chemnitz (Urteil vom 18. August 2017, Az.: 2 O 1650/16) jedoch vorrangig mit der Begründung zurückwies, dass die Portalbetreiberin ihr obliegende Prüfpflichten nicht verletzt habe und daher nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne. 

Das OLG stellte nunmehr in seinem Berufungsurteil jedoch fest, dass es nicht auf die Verletzung von Prüfpflichten von Jameda ankomme, sondern eine Haftung bereits durch eine unmittelbare Störerhaftung wegen der Bewertung selbst anzunehmen sei. Eine eigene Information, die nach § 7 Abs. 1 TMG eine Haftung begründet, liegt nämlich bereits dann vor, wenn sich der Provider Informationen eines Dritten zu eigen macht, also nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt. Dies sei vorliegend zu bejahen, da die Portalbetreiberin auf die Rüge des Klägers hin die Informationen inhaltlich überprüft und auf sie Einfluss genommen habe, indem sie selbständig – insbesondere ohne Rücksprache mit dem Patienten – eine Einschätzung zu der Gesamtbewertung vorgenommen und sich – trotz der Einwände des Klägers und ohne Rücksprache mit dem Patienten – für die Beibehaltung der Äußerung entschieden habe. Die streitgegenständliche Information – so das OLG Dresden weiter – sei indes rechtswidrig und daher zu unterlassen, weil es sich hierbei um unwahre Tatsachenbehauptungen, zumindest aber um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handele. Die Wahrheit, die im Falle einer Inanspruchnahme als Störerin durch die Beklagte zu beweisen sei, konnte von dieser nicht nachgewiesen werden. Zur Begründung dieser Beweislastverteilung verwies das OLG Dresden auf seine vorangegangene Rechtsprechung zur mittelbaren Störerhaftung, die in diesem Fall auch auf die unmittelbare Störerhaftung übertragen werden müsse, da das Geschäftsmodell der Anonymität von Bewertungen dem Anspruchssteller entsprechende Nachweise unmöglich mache. 

Hinsichtlich der rein bewertenden Teile der Nutzerkritik, wies das OLG die Berufung jedoch zurück. Diese (insbesondere die Notenvergabe und die Überschrift der Bewertung) seien als reine Meinungsäußerungen einzustufen und daher  als Ausfluss der Meinungsfreiheit auch dann hinzunehmen, wenn man davon ausgehe, dass die zu ihrer Begründung angeführten
Tatsachenbehauptungen unwahr sind. 

 

Das Urteil ist abrufbar unter 

https://www.justiz.sachsen.de/esamosplus/pages/index.aspx

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