Am 1. und 2. Juni 2023 fand die Annual Conference on European Media Law statt, die das EMR jährlich in Zusammenarbeit mit der Europäischen Rechtsakademie (ERA) Trier veranstaltet. Tagungsort war in diesem Jahr nicht wie üblich Brüssel, sondern das Konferenzzentrum der ERA in Mitten von Trier. Dabei konnten die Veranstalter der Hybridkonferenz sich auch in diesem Jahr wieder über hochkarätige Referentinnen und Referenten sowie spannende Vorträge und Diskussionen freuen.
Den Auftakt bildeten Keynotes von Renate Nikolay, Deputy Director General DG CNECT der Europäischen Kommission, und MEP Sabine Verheyen, Chair des CULT Komitees des Europäischen Parlaments, die aus ihren jeweiligen Perspektiven einen Rückblick auf medienrelevante Initiativen auf EU-Ebene in den vergangenen fünf Jahren warfen. Ein Schwerpunktthema war dabei vor allem der jüngste Vorschlag für ein Europäisches Medienfreiheiheitsgesetz (European Media Freedom Act, EMFA), zu dessen Ausgestaltung sich MEP Verheyen auch durchaus in Teilen kritisch äußerte.
Tarlach McGonagle, Chair in Media Law & Information Society an der Universität Leiden, gab den Teilnehmern danach einen Überblick zum EMFA aus akademischer Perspektive und zeigte dabei insbesondere Querbezüge zu anderen Rechtsakten, grundrechtliche Hintergründe sowie mögliche Fallstricke auf, die nun im Legislativprozess zu beachten seien. In den drei anschließenden Paneldiskussionen, besetzt mit Experten aus Medienbranche, Politik, Regulierungsbehörden und Forschung, wurden dann einzelne Regelungsbereiche des EMFA, mögliche Problematiken aus verschiedenen Perspektiven und Hintergründe diskutiert. Claus Grewenig, Chief Corporate Affairs Officer RTL Deutschland und Vorstandsvorsitzender beim VAUNET, Ilias Konteas, Geschäftsführender Direktor von EMMA & ENPA, und Neus Vidal, Monitoring Officer beim European Center for Press and Media Freedom (ECPMF), diskutierten über das Spannungsfeld zwischen unternehmerischer Freiheit und redaktioneller Unabhängigkeit, das vom EMFA insbesondere in den Art. 4 und 6 angesprochen ist.
Die Perspektive des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und mögliche Konsequenzen des vorgeschlagenen Art. 5 für die nationale Ebene beleuchteten Jenny Weinand, Senior Legal Counsel bei der European Broadcasting Union (EBU), und Josef Lusser, Vorsitzender des Publikumsrates beim ORF. In der anschließenden Roundtable-Diskussion, die den Abschluss des ersten Veranstaltungstages bildete, ging es im Detail um die institutionellen Strukturen im EMFA-Vorschlag, die Zusammenarbeit von Regulierungsbehörden und verschiedene damit im Zusammenhang stehende Pflichten von Anbietern. Es diskutierten Giacomo Lasorella, Vorsitzender der ERGA und Präsident der italienischen AGCOM, aus Sicht der Regulierungsbehörden, Sabina Tsakova, DG CNECT, aus Sicht der Europäischen Kommission und Andris Mellakauls, Head of Information Space Integration Division im lettischen Kulturministerium, mit einem Einblick in die Problematiken, die sich in der Vergangenheit beim Vorgehen gegen illegale Inhalte unter Geltung des Herkunftslandprinzips gezeigt hatten.
Der Konferenztag endete mit einem Get-together-Diner für Teilnehmer und Speaker, innerhalb dessen die Themen des Tages nochmal in entspannter Atmosphäre diskutiert wurden.
Der zweite Konferenztag widmete sich medienrelevanten und aktuell hochbrisanten Themen außerhalb des EMFA. Thomas Höppner, Professor für Wirtschaftsrecht und geistiges Eigentum an der TU Wildau und Partner bei Hausfeld, beleuchtete zum Auftakt in seinem Vorträge das Thema Gatekeeper, Daten und Medien. Er gab dabei sehr interessante Einblicke in die Ökonomie der Online-Werbung und welche Auswirkungen jüngere Legislativinitiativen wie DSA und DMA darauf haben (werden). Im Anschluss widmete sich Thomas De Meese, Partner bei Crowell, dem Thema Wettbewerb(srecht) im Mediensektor und ging dabei insbesondere im Detail auf medienrelevante Fusionskontrollentscheidungen durch die Kommission in den vergangenen Jahren ein. Höchst spannend waren dabei vor allem die Querbezüge, die der Referentin zu den vorgeschlagenen medienkonzentrationsrechtlichen Regeln des EMFA aufzeigte.
Die Konferenz endete wie üblich mit einem Vortrag von Mark D. Cole, wissenschaftlicher Direktor des EMR und Professor an der Universität Luxemburg, zu den Entscheidungen von EuGH und EGMR mit Relevanz für den Medien- und Digitalsektor. Obwohl der Vortrag « nur » den Zeitraum seit der letzten Konferenz abdeckt, zeigt die Fülle an Urteilen, die der Referent diesmal in einem Doppelslot besprach, die steigende Relevanz der supranationalen Gerichte für den Sektor.
Die Präsentation von Mark D. Cole « Recent rulings from the CJEU and the ECtHR impacting audiovisual media services and the media 2022-2023 » kann hier abgerufen werden. Eine Aufzeichnung des Vortrages wird auf der Webseite der ERA veröffentlicht werden.