Das Internet ist neben den traditionellen Rundfunk-Verbreitungswegen Terrestrik, Kabel und Satellit ein immer bedeutsamer werdender Übertragungsweg für Hörfunk und Fernsehen. Für dem Rundfunk vergleichbare Telemedien ist es bereits heute der wichtigste Verbreitungsweg. Zur Sicherung von Meinungsvielfalt und Pluralismus ist Netzneutralität vor dem Hintergrund dieser technologischen Entwicklungen unverzichtbar.
Das (uneinheitlich definierte) Konzept der Netzneutralität umfasst zum einen inhaltliche Neutralität durch Abwesenheit von Maßnahmen, die an die Inhalte von Übertragungen im Internet anknüpfen. Zum anderen setzt die Netzneutralität die technisch neutrale Übermittlung von Inhalten voraus. Gerade letzteres bedeutet insbesondere für ein „offenes Internet“, dass dieses weltweit grundsätzlich für jedermann zugänglich ist und dass sämtliche Datenpakete grundsätzlich unterschiedslos von Rechner zu Rechner übermittelt werden.
Netzneutralität gewährleistet kommunikative Chancengleichheit: Datenpakete werden auf der Grundlage dieses Prinzips im Internet gleichwertig behandelt, unabhängig davon, woher sie kommen oder wohin sie gehen. Angebote von finanzstarken Anbieter werden nicht allein auf der Grundlage ihrer Marktmacht prioritär zu Lasten von Angeboten kleinerer Anbieter behandelt. Netzneutralität sichert damit zugleich auch die Souveränität des Verbrauchers bei der Nutzung des Internets ab. Netzneutralität ist zudem innovations- und wachstumsfreundlich: Sie fördert diskriminierungsfreien Marktzugang für neue Ideen und Geschäftsmodelle im Internet. Netzneutralität unterstützt damit Angebots- wie Anbietervielfalt unter den Bedingungen der Digitalisierung.
Der Begriff Netzneutralität meint, dass ein Netz die zu übertragenden Daten grundsätzlich unabhängig vom Inhalt (und anderen Faktoren, wie Absender und Adressat) gleich behandeln muss. Der Betreiber darf also nicht bestimmte Dienste „ausbremsen“ oder andere bevorzugen.
Best Effort kennzeichnet bei der Datenübertragung in Netzen (z.B. Internet), dass diese mit „größten Bemühungen“ erfolgt. Die Übertragung wird dabei „so gut wie möglich“ durchgeführt, was lediglich die Zusicherung einer minimalisierten Dienstgüte [quality of service (QoS)] bedeutet. In paketvermittelten Netzen werden bei Best Effort alle eintreffenden Datenpakete weitergeleitet, solange im Netz noch freie Übertragungskapazität vorhanden ist. Eine vollständige und fehlerfreie Übermittlung der Informationen ist dadurch nicht garantiert. Ist nämlich an einer Stelle im Netz Auslastung gegeben, dann kommt es unweigerlich zu einem Datenstau, der durch geeignete Steuerungsverfahren wieder aufgelöst werden muss. Das führt zu Störeffekten bei Übertragungen in Echtzeit [realtime].
Die im November 2015 in Kraft getretene Telekom-Binnenmarkt-Verordnung (Verordnung 2015/2120) legt die Grundlage für die Wahrung der Netzneutralität. Die nationalen Regulierungsbehörden sind nach der Verordnung verpflichtet, die Einhaltung der Regelungen genau zu überwachen und die kontinuierliche Verfügbarkeit von nichtdiskriminierenden Internetzugangsdiensten zu fördern.
Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) hat am 30. August 2016 Leitlinien zur Netzneutralität veröffentlicht. Diese Leitlinien konkretisieren die Vorschriften der Verordnung, um sie in der Praxis möglichst einheitlich anwenden zu können. Wichtige Themenbereiche sind Zero-Rating, Regelungen zum Verkehrsmanagement, Bedingungen für die Erbringung von Spezialdiensten sowie die erweiterten Transparenzverpflichtungen für die Anbieter von Internetzugangsdiensten.
Auch bei der Anwendung dieser Leitlinien ist der kulturellen Querschnittsklausel des Art. 167 Abs. 4 AEUV sowie Art. 11 Abs. 2 der Grundrechtecharta Rechnung zu tragen. Hieraus ergibt sich die unionsrechtliche Pflicht zur Achtung der Freiheit der Medien und ihrer Pluralität.
Den Medienanstalten kommt laut dem Bericht der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz eine wichtige Rolle bei der Konkretisierung von Regulierungsvorgaben zur Vielfaltssicherung zu. Daher besteht bei der Anwendung der Telekom-Binnenmarkt-Verordnung im Allgemeinen wie bei der Anwendung der BEREC-Leitlinien zur Netzneutralität im Besonderen ein guter Anknüpfungspunkt für eine Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten mit der Bundesnetzagentur, die in Deutschland für die Telekommunikationsregulierung zuständig ist. Zielführend erscheint dabei ein ganzheitlicher Ansatz der Sicherung von Netzneutralität, der mit Blick auf Gefährdungen für einen neutralen Transport meinungsbildungsrelevanter Inhalte im Netz sämtliche Akteure in den Blick nimmt, die Standards für den Transport von audiovisuellen oder Audio-Angeboten setzen können – wie z.B. CDN-Anbieter, DRM-Anbieter, Hersteller von Endgeräten und Anbieter von Plattformen. Auch im Zusammenhang mit Fragestellungen der Netzneutralität sind Gesetze der Marktlogik nicht ausschließlich geeignet, den verfassungs- wie unionsrechtlich geforderten Schutz der Meinungsvielfalt zu gewährleisten. So darf z.B. der Einsatz von Mischkalkulationen bei Entgeltgestaltungen auf der Ebene der für die Sicherung der Netzneutralität relevanten Akteure nicht in Marktzutrittsschranken für neue Anbieter von meinungsrelevanten Inhalteangeboten oder für Anbieter von regionalen oder lokalen meinungsrelevanten Inhalteangeboten münden.
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