Das Institut für Europäisches Medienrecht befasst sich als Kernaufgabe mit medienrelevanten Rechtsakten der Europäischen Union und begleitet analysierend die einschlägigen gesetzgeberischen Prozesse. Bei Vorschlägen für neue Rechtsakte erstellt das EMR Synopsen, die es allen Interessierten ermöglichen, auf einen Blick Anpassungen der bestehenden Rechtslage bzw. Änderungsvorschläge der beteiligten Legislativorgane zu erkennen und zu vergleichen. Dazu werden dem Rechtsakt-Vorschlag der Europäischen Kommission die in die Verhandlungen eingebrachten Änderungen der Ko-Gesetzgeber Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union gegenübergestellt.

In diesem Jahr liegt der Fokus auf dem Ende 2020 vorgeschlagenen Digitale-Dienste-Paket, bestehend aus Vorschlägen für einen Digital Markets Act (DMA) und Digital Services Act (DSA). Das EMR thematisiert diese mit einer Reihe von Webinaren und weiteren Veranstaltungen. Während der aktuelle Stand der Verhandlungen zum DSA-Vorschlag am 21. Februar 2022 beleuchtet wird, erfolgte der Start in die Webinar-Reihe am 18. Januar 2022 mit einer Betrachtung des DMA.

Im Webinar wurden die wesentlichen Inhalte des DMA-Vorschlags präsentiert, es ging aber vor allem um ein „Update“ zum Stand der Dinge zu Beginn der sog. Trilogverhandlungen. Bei den Trilogen handelt es sich um informelle, mittlerweile aber regelmäßig im Rahmen des Erlasses von EU-Rechtsakten durchgeführte Verhandlungsrunden unter Mitwirkung der beiden Ko-Gesetzgeber und der EU-Kommission mit dem Ziel, die unterschiedlichen Positionen von Parlament und Rat miteinander abzustimmen und zu einem von beiden Seiten getragenen Kompromissergebnis zu kommen. Ein solches Kompromissergebnis ist dann Basis für die Entscheidung über den Rechtsakt, so dass auch hinsichtlich DMA und DSA gilt, dass zunächst eine Einigung zwischen den Institutionen erreicht werden muss. Der DMA-Trilog startete am 11. Januar und soll nach dem Zeitplan der aktuellen französischen Ratspräsidentschaft in wenigen Monaten abgeschlossen sein.

Mark D. Cole, wissenschaftlicher Direktor des EMR, stellte unter Verwendung der EMR-Synopse mit Blick auf die von EP und Rat eingebrachten Änderungsvorschläge die wichtigsten Unterschiede dar, da diese die zentralen Punkte der Verhandlungen werden dürften. Als völlig neuer EU-Rechtsakt enthält der geplante DMA zwar nur relativ wenige, dafür aber detaillierte Kernregelungen, zu denen teilweise nennenswert voneinander abweichende Positionen bestehen. Dies betrifft den Geltungsbereich der DMA-Verordnung hinsichtlich der Frage, welche „zentralen Plattformdienste“ erfasst sein sollen und wie im Detail die unter den DMA fallenden „Gatekeeper“ zu identifizieren sind. Auch mit Blick auf die diesen zukünftig aufzuerlegenden Verpflichtungen bestehen noch Differenzen. Neben den unterschiedlichen Positionen zum materiellen Recht adressierte Cole kurz die Perspektiven der EU-Gesetzgeber hinsichtlich der Untersuchungs-, Durchsetzungs- und Überwachungsbefugnisse für den DMA und die Mitwirkung nationaler Regulierungsbehörden.

Den von der französischen Ratspräsidentschaft vorgesehenen Zeitplan, noch im Frühjahr zu einem Abschluss der Verhandlungen zu kommen, bezeichnete Cole als ambitioniert. Zudem wies er abschließend darauf hin, dass auch nach einer – noch zu erzielenden – Einigung im Trilog noch einige Zeit vergehen wird, bis die formelle Annahmen des finalen Rechtsakts in Parlament und Rat abgeschlossen ist und der Rechtsakt in Kraft treten und Anwendung finden kann.

Hier können Sie die Aufzeichnung des Webinars anschauen. Die PowerPoint-Präsentation von Mark D. Cole finden Sie hier.