Konzeptionelle Grundlage und Ausgangspunkt des Wettbewerbs- und Kartellrechts ist die grundgesetzlich und grundrechtlich gewährleistete Wettbewerbsfreiheit. Diese wiederum ist Ausprägung sowohl der allgemeinen Handlungsfreiheit und Berufsfreiheit nach Art. 1, 2 und 12 GG auf nationaler Ebene als auch des Rechts auf Freiheit und unternehmerische Freiheit nach Art. 6 und 16 der EU-Grundrechtecharta. Wettbewerb dient dabei der Verteilung von Gütern und Dienstleistungen auf einem freien Markt.
Die Wettbewerbsvorschriften der EU wollen faire und gleiche Bedingungen für die Unternehmen gewährleisten und gleichzeitig Raum für Innovation, einheitliche Regulierung und die Entwicklung lassen. Sie umfassen das Kartellrecht, das Recht der staatlichen Beihilfen, das Vergaberecht und das Recht öffentlicher Unternehmen. Auch Medienunternehmen müssen sich dabei den Gesetzen des Wettbewerbs und der Marktwirtschaft stellen.
Das Kartellrecht dient im Allgemeinen dem Schutz der Preisbildungs- und Wertschöpfungsprozesse auf dem Markt – einem Aspekt des Systems von Angebot und Nachfrage. Die Kontrolle von Fusionen, die Verhinderung von Kartellen und des Missbrauchs marktbeherrschender Stellung ist allerdings gerade bei Medienunternehmen auch interessant im Hinblick auf die Sicherung von Vielfalt.
Die zentralen Regelungen zum Kartellrecht auf europäischer Ebene finden sich in Art. 101 ff. AEUV (Kartelltatbestand), insbesondere in Art. 102 AEUV (Missbrauchskontrolle). Sie wollen einen Ausgleich zwischen einer zu verhindernden Gefährdung des freien Wettbewerbs und der zu fördernden internationalen Integration vor dem Hintergrund eines europäischen Binnenmarktes schaffen. Dabei steht das europäische Kartellrechtsmodell auf zwei Säulen: Zum einen der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 ff. AEUV, die staatliche Wettbewerbsbeschränkungen bekämpft und zum anderen den Kartelltatbeständen der Art. 101 ff. AEUV, die verhindern, dass die beseitigten staatlichen Handelshemmnisse durch private Initiativen ersetzt werden. Ergänzend und erweiternd zu diesen Regelungen treten verschiedene Verordnungen wie die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln und die Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen sowie eine Vielzahl von Gruppenfreistellungsverordnungen. Mit diesem Regelungskonstrukt hat die EU ein umfängliches System geschaffen, dass Unternehmen verbietet, Preisabsprachen zu treffen oder Märkte untereinander aufzuteilen, eine beherrschende Stellung auf einem bestimmten Markt zur Verdrängung von Wettbewerbern zu missbrauchen und zu fusionieren, wenn sich durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung ergäbe, wenn sie einen Sitz oder hohen Umsatz in der EU haben. Die Bestrebungen der Kommission, den freien Wettbewerb zu wahren, zeigen sich gerade in Bezug auf Medienunternehmen etwa an ihren Entscheidungen zu der Vergabe von Exklusivrechten bei großen Sportereignissen (die Europäische Kommission untersagte der Deutschen Fußball Liga am 19. Januar 2005, ein gesamtes Rechtepaket auf exklusive Ausstrahlung von Live-Übertragungen, zeitversetzten Zusammenfassungen und zugehörigem Zweit- und Drittverwertungen an einen einzigen Anbieter zu vergeben) und zu den bei Mediaagenturen anzulegenden kartellrechtlichen Bewertungskriterien ( COMP/M.3579 – WPP/Grey; COMP/M.4741 – Google/DoubleClick; COMP/M.7023 – Omnicon/Publicies) sowie an der Einleitung von Verfahren gegen IT-Großunternehmen wie Google im Bewusstsein der Einflussmöglichkeiten derer auf die Medienlandschaft. Ein großes Augenmerk wird dabei auch auf die Transparenz der Tätigkeiten von Marktakteuren gelegt. Gerade bei Mediaagenturen, die als Intermediäre eine Schlüsselrolle zwischen Medien und Werbetreibenden einnehmen und regelmäßig einen Informations- und/oder Infrastrukturvorsprung gegenüber beiden Seiten besitzen, könnte dieser Transparenzfaktor eine wesentliche Rolle spielen vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung der digitalen Aussteuerung von Werbung und des damit verbunden Drängens neuer Player wie Google, Facebook, SAP, IBM oder Oracle auf den Mediaagenturmarkt.
Das europäische Vergaberecht stützt sich dagegen im Wesentlichen auf Sekundärrecht (die so genannten Vergaberichtlinien) bestehend aus den Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG, die auf der Grundlage von Art. 114 AEUV geschaffen wurden. Ergänzend gelten die vom EuGH entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze zum Vergaberecht wie sie in den Entscheidungen Telaustria und Telefonadress zum Ausdruck kommen. Dies ermöglicht eine Harmonisierung der Vergabe von Aufträgen über die nationalen Grenzen hinaus.
Das EU-Beihilferecht basiert auf den Art. 106 ff AEUV, die durch zahlreiche Verordnungen konkretisiert werden, darunter unter anderem die Beihilfeverordnung (EG) Nr. 659/1999, die den Beihilfebegriff definiert und das Verfahren der Kommission regelt. Die Kommission überwacht hierbei, wie die EU-Länder Unternehmen in Form von staatlichen Beihilfen unterstützen. Darunter fallen Darlehen und Zuschüsse, Steuervergünstigungen, Güter und Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen sowie staatlich verbürgte Darlehen, die eine bessere Bonitätsbewertung der begünstigten Unternehmen im Vergleich zu Wettbewerbern bewirken. Die Gewährung solcher Vorteile an Unternehmen ist bei der Kommission anzumelden (Notifizierungspflicht, Art. 106 AEUV). Prominenz hat das europäische Beihilferecht in Deutschland vor allem durch das sog. „GEZ-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Dezember 2007 (C-337/06) erlangt, in dem die deutschen Rundfunkgebühren als staatliche Beihilfen eingeordnet wurden.
Das Wettbewerbsrecht umfasst im deutschen Recht das Recht des unlauteren Wettbewerbs (das Lauterkeitsrecht) und das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (das Kartellrecht).
Das Lauterkeitsrecht bezeichnet alle Regeln, die unlautere Handlungen in der Wirtschaftswelt unterbinden sollen. Darunter fällt neben dem gewerblichen Rechtsschutz, welcher insbesondere das Patent- und Markenrecht betrifft, vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Letzteres will unlautere bzw. sittenwidrige Wettbewerbshandlungen von Unternehmen unterbinden wozu insbesondere die Irreführung und die Belästigung – etwa in Form der unzulässigen telefonischen Werbung – gehören. Dazu gibt es Unternehmen einen Unterlassungsanspruch an die Hand, den sie gegenüber anderen Unternehmern, die die Pflichten aus dem UWG verletzen, durchsetzen können. In das UWG wirken auch viele europarechtliche Vorgaben aus dem Sekundärrecht ein. Dazu zählen insbesondere die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UPG-Richtlinie) und die Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung. Auch die 2018 in Kraft tretende E-Privacy-Verordnung wird mit ihren Vorschriften zur Zulässigkeit von werblichen Ansprachen das UWG beeinflussen.
Zentrale Regelung des nationalen Kartellrechts ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), das durch neun große Novellen im Vergleich zu seinen Anfängen nachhaltig verändert wurde. Die siebte Novelle hat das GWB dabei den Art. 101 ff. AEUV angepasst. Für den Mediensektor war vor allem die neunte Novelle vom 9. März 2017 relevant, die u.a. Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen künftig eine stärkere Kooperation untereinander im Anzeigen- und Werbegeschäft, beim Vertrieb, bei der Zustellung und der Herstellung durch eine Kartellverbotsausnahme ermöglichte. Zudem ist auch eine engere Zusammenarbeit des Kartellamts und der Medienaufsicht an mehreren Stellen vorgesehen, sodass verfahrensrechtliche Abläufe der Landesmedienanstalten und der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) auf der einen und dem Kartellamt auf der anderen Seite zusammengeführt und optimiert werden. Dies gilt unter anderem für den Bereich der Prüfung von Fusionen bundesweiter privater Fernsehsender, welche medienrechtlich durch die Medienanstalten und die KEK erfolgt und wettbewerbsrechtlich durch das Kartellamt.
Die deutschen Regelungen insbesondere zum Kartellverbot und der Missbrauchskontrolle haben allerdings mit Ausnahme des Diskriminierungsverbotes in §§ 19 Abs. 2 Nr. 1 und 20 Abs. 1 GWB und der Zusammenschlusskontrolle nach §§ 35 ff. GWB angesichts der europäischen Regulierung stark an Bedeutung eingebüßt. Nach Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 1/2003 gehen die europäischen Regelungen dem nationalen Kartellrecht grundsätzlich vor
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